Doppelqualifikation (Studium plus Bankausbildung)

Doppelqualifikation Bachelor of Science BWL/WuR und Bankkauffrau/-mann

Ein Projekt der Sparkasse Saarbrücken und des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bankbetriebslehre, der Universität des Saarlandes

Doppelqualifikation – Information SS 2023

Ablaufübersicht:


Begründung:

Bereits seit 1993 haben Studierende der Abteilung Wirtschaftswissenschaft die Möglichkeit, ihr Studium mit einer integrierten Ausbildung zur/ zum Bankkauffrau/-mann zu verbinden. Diese Möglichkeit der Doppelqualifikation besteht derzeit für die Studierenden des Bachelor-Studiengangs Betriebswirtschaftslehre sowie des Bachelor-Studiengangs Wirtschaft und Recht. Die Träger dieses in Deutschland auf der Ebene der Universitäten einmaligen Projekts sind auf Seiten der beteiligten Kreditinstitute die Sparkasse Saarbrücken sowie auf Seiten der Universität des Saarlandes der Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bankbetriebslehre (Univ.-Prof. Dr. Gerd Waschbusch).

Mit dem Saarbrücker Modell der Doppelqualifikation wird für einen ausgewählten Kreis von Studierenden dem Bildungsverhalten einerseits sowie dem mitunter geäußerten Vorwurf überlanger Gesamtausbildungszeiten andererseits Rechnung getragen. Es wird allerdings mit diesem Modell nicht den immer zahlreicher werdenden Forderungen, die universitäre Ausbildung müsse durch eine ausschließlich praxisorientierte Ausrichtung verkürzt werden, nachgegeben. Eine derartige theoretische „Ausdünnung“ würde die Universität zur höheren Berufsschule degradieren, ohne der Berufsschule in allen Bereichen gewachsen zu sein. Es geht daher bei dem Saarbrücker Modell der Doppelqualifikation vielmehr um eine Anreicherung und Bereicherung des Studiums um praktische Erfahrungen und Fertigkeiten, ohne vom theoretischen Anspruch eines Universitätsstudiums Abstriche zu machen. Hierin unterscheidet sich das Saarbrücker Modell der Doppelqualifikation deutlich von den Dualen Studiengängen, die Fachhochschulen bzw. Berufsakademien in enger curricularer Abstimmung mit Unternehmen anbieten.

Die Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten, die vor Beginn eines betriebswirtschaftlichen Studiums eine Berufsausbildung absolvieren, steigt ständig. In manchen Ausbildungsberufen verfügen bis zu 90 % der Auszubildenden über die schulische Qualifikation, eine Fachhochschule oder eine Universität besuchen zu können. Seit Jahren ist auch an der Universität des Saarlandes mit steigender Tendenz zu beobachten, dass mehr als die Hälfte der Studierenden in der Vertiefungsrichtung Bankbetriebslehre bereits vor der Aufnahme ihres Studiums eine Ausbildung zur/zum Bankkauffrau/-mann absolviert haben. Bei diesem Weg der Doppelqualifikation durch eine Berufsausbildung vor dem Universitätsstudium erwerben junge Leute zwar berufspraktische Erfahrungen und Fertigkeiten, die sie in ihr späteres Studium einbringen können; sie studieren auch grundsätzlich zielbewusster als die übrigen Studierenden. Allerdings erwerben sie erst nach ihrer Berufsausbildung im Rahmen ihres Universtitätsstudiums die erforderlichen theoretischen Kenntnisse, die sie dazu befähigen, den ständigen, immer schnelleren Veränderungen und den zunehmend höheren Anforderungen im Berufsleben gerecht zu werden. Gerade aus dem zweiten Gesichtspunkt ist eine Verkürzung des Studiums ausschließlich auf diejenige Inhalte, die derzeit berufsrelevant sind, abzulehnen, reichen diese doch in wenigen Jahren gar nicht mehr aus; die Universität müsste sich dann zu Recht den Vorwurf gefallen lassen, sie bilde junge Leute aus, die nicht dazu in der Lage sind, den sich ständig ändernden Berufsanforderungen zu entsprechen.

Diese übliche Form der Doppelqualifikation (erst die Berufsausbildung und danach das Studium) führt zwangsläufig dazu, dass die Studierenden auch bei einem zügigen Tempo erst vergleichsweise spät ihre Gesamtausbildung beenden können. Für die Ausbildungsbetriebe, in diesem Fall für die Kreditinstitute, bedeutet zudem diese Form der Doppelqualifikation, dass sie nach Abschluss der Lehrzeit gut ausgebildete Mitarbeiter verlieren, wobei sich das Personalplanungsproblem noch dadurch verschärft, dass einerseits bei Einstellung der Auszubildenden keineswegs feststeht, wer später bleiben und wer weggehen und studieren will, und dass es den Ausbildungsbetrieben andererseits trotz einer teilweise systematisch betriebenen Studienbetreuung oft nicht gelingt, die ehemaligen Auszubildenden nach ihrem Studienabschluss in den Ausbildungsbetrieb zurückzugewinnen. Zugleich wächst aber der Bedarf an Führungskräften, die sowohl über eine fundierte Berufsausbildung als auch über eine solide wissenschaftliche Ausbildung verfügen.

Das im Sommer 1993 gestartete Saarbrücker Modell der studiumsintegrierten Ausbildung zur/zum Bankkauffrau/-mann berücksichtigt sowohl die Interessen der Studierenden als auch der Kreditwirtschaft. Dieses Modell wurde mit der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes abgestimmt. Bei dieser Abstimmung ging es insbesondere um die Gewährleistung einer ausreichend langen praktischen Tätigkeit und um die Vorbereitung auf die Kaufmannsgehilfenprüfung, die von den Kreditinstituten geleistet werden muss, da sich ein Besuch der Berufsschule aufgrund des Studiums an der Universität des Saarlandes nicht einrichten lässt.

Die Abstimmung mit der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes ist grundsätzlicher Natur. Das Saarbrücker Modell der Doppequalifikation kann von weiteren saarländischen Kreditinstituten in Absprache mit dem Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bankbetriebslehre (Univ.-Prof. Dr. Gerd Waschbusch) übernommen werden.

 
Zeitliche und inhaltliche Ausgestaltung:

Interessenten müssen zunächst ein Bachelor-Studium der Betriebswirtschaftslehre oder ein Bachelor-Studium in Wirtschaft und Recht an der Universität des Saarlandes aufnehmen und das erste Semester erfolgreich absolvieren. Auf diese Weise können sie zunächst ihre grundsätzliche Eignung für ein Universitätsstudium nachweisen, bevor sie mit der Doppelqualifikation eine zusätzliche Belastung auf sich nehmen. Im zweiten Semester besteht sodann die Möglichkeit, sich um ein Volontariat zur Ausbildung zur Bankkauffrau bzw. zum Bankkaufmann bei der Sparkasse Saarbrücken zu bewerben. Der Beginn der Bewerbungsfrist für die Doppelqualifikation wird durch entsprechende Aushänge sowie im Rahmen einer Vorstellung der Doppelqualifikation in verschiedenen Vorlesungen bekannt gegeben (in der Regel Ende April/Anfang Mai).

Die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Doppelqualifikation treffen die beteiligten Kreditinstitute und der Bankenlehrstuhl gemeinsam in einem Auswahlgespräch (in der Regel Ende Mai bis Mitte Juni). Erfolgreiche Bewerberinnen und Bewerber schließen mit dem entsprechenden Kreditinstitut einen befristeten Volontariatsvertrag ab. Der tatsächliche individuelle Ablauf, insbesondere die Terminierung der verschiedenen Praktika, kann dabei je nach Studienverlauf der Teilnehmerin/des Teilnehmers bzw. je nach Einsatzmöglichkeiten in dem Kreditinstitut von dem im Folgenden dargestellten Zeitplan abweichen.

Der Ablauf der ersten zwei Semester der beiden Bachelor-Studiengänge Betriebswirtschaftslehre sowie Wirtschaft und Recht unterscheidet sich nicht von einem isolierten Ablauf des Bachelor-Studiums der Betriebswirtschaftslehre bzw. in Wirtschaft und Recht. In den auf das zweite und dritte Semester folgenden Semesterferien werden sodann bei den beteiligten Kreditinstituten ein erstes Praktikum mit einem entsprechenden betrieblichen Unterricht absolviert. Dieses Praktikum stellt einerseits den ersten Teil der berufsbezogenen Ausbildung dar, andererseits dient es aber auch der letzten Orientierung der Studierenden und des jeweiligen Ausbildungsbetriebs vor Abschluss des endgültigen Volontariatsvertrags. Während der gesamten weiteren Volontariatszeit erwerben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Verlauf von rund zweieinhalb Jahren praktische Kenntnisse im Berufsbild „Bankkauffrau/-mann“. Diese praktische Kenntnisse werden im Rahmen weiterer Praktika während der Semesterferien bzw. eines Praxissemesters sowie der Absolvierung eines Arbeitstags pro Woche während der Vorlesungszeit erworben. Das Praxissemester ist nach Abschluss des vierten Semesters vorgesehen und dauert von August bis März.

Wird das Praxissemester als fünftes Semester mitgezählt, so schließt sich nun das sechste Semester an, in dem wieder die universitäre Ausbildung fortgeführt wird. Die Studierenden fokussieren sich in diesem Semester thematisch auf den Vertiefungsbereich „Bankbetriebslehre“, was sowohl für die Studierenden des Bachelor-Studiengangs Betriebswirtschaftslehre als auch für die Studierenden des Bachelor-Studiengangs Wirtschaft und Recht den Besuch von Mastermodulen des Bankenlehrstuhls im Umfang von 6 Credit Points umfasst. Darüber hinaus absolvieren die Studierenden des Bachelor-Studiengangs Betriebswirtschaftslehre in diesem Semester die von ihnen zu erbringende Seminararbeit am Bankenlehrstuhl. Diese Seminararbeit behandelt zwingend eine Fragestellung aus der Bankbetriebslehre. Neben dem regelmäßigen Besuch des Seminars umfasst die Seminarleistung auch das Abhalten eines Seminarvortrags sowie die Verteidigung der Seminararbeit. Die erfolgreiche Belegung von Mastermodulen  des Bankenlehrstuhls sowie des BWL-Moduls „Unternehmensfinanzierung“ sind Zulassungsvoraussetzungen zur IHK-Prüfung sowohl für die Studierenden des Bachelor-Studiengangs Betriebswirtschaftslehre als auch für die Studierenden des Bachelor-Studiengangs Wirtschaft und Recht; die von den Studierenden des Bachelor-Studiengangs Betriebswirtschaftslehre am Bankenlehrstuhl erfolgreich erbrachte Seminararbeit ist für diese eine weitere Zulassungsvoraussetzung zur IHK-Prüfung.

Im siebten Semester erfolgt parallel zum Bachelor-Studium die Vorbereitung auf die IHK-Prüfung. Nach erfolgreicher Ablegung der IHK-Prüfung im Laufe dieses Semesters haben die Studierenden ihr erstes Ziel erreicht; sie sind Bankkauffrau bzw. Bankkaufmann.

Ab diesem Zeitpunkt gelten die Bemühungen ausschließlich dem erfolgreichen Abschluss des Universitätsstudiums. So legen die Studierenden im siebten Semester die letzten Klausuren ab und verfassen im achten Semester ihre Bachelor-Abschlussarbeit.

Die Initiatoren des Projekts gehen grundsätzlich von einem Studienabschluss innerhalb von acht Semestern aus. In jedem Fall ergibt sich gegenüber den isolierten Ausbildungen in Beruf und Universität eine Zeitersparnis. Weitere Vorteile wie die Sicherung der finanziellen Unabhängigkeit – während der Beschäftigung bei den beteiligten Kreditinstituten wird selbstverständlich eine Ausbildungsvergütung bezahlt – und die Möglichkeit, bereits frühzeitig im erstrebten Beruf zu arbeiten, kommen hinzu. Von den Studierenden wird allerdings während der Ausbildungszeit ein herausragendes Engagement sowohl in der dualen Ausbildung als auch im Universitätsstudium erwartet.

Wegen des hohen Einsatzes, den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen der Doppelqualifikation erbringen müssen, verzichten die Kooperationspartner auf jegliche Verpflichtungserklärungen für die Zeit nach dem Studium. Das jeweils ausbildende Kreditinstitut und die erfolgreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen sich aber hinreichend genau, so dass die Vorteile einer weiteren Zusammenarbeit von beiden Seiten entsprechend gut beurteilt werden können. Selbstverständlich ist die Sparkasse Saarbrücken bei Bedarf daran interessiert, dass sich die doppelt qualifizierten Hochschulabsolventen nach dem Studium für die Sparkasse Saarbrücken als Arbeitgeber entscheiden.

Wenn bei den einzelnen Durchgängen des Projekts der Doppelqualifikation jährlich „nur“ 6 bis 7 Studierende aus jeweils ca. 20 Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt werden und das Projekt daher eine gewisse Exklusivität aufweist, so wird damit auch der Tatsache Rechnung getragen, dass auch nur wenige sehr strebsame, erfolgsorientierte und außerordentliche Arbeitsbelastungen akzeptierende Studierende sich eine derartige Doppelbelastung zumuten sollen und können. Die bisherigen Erfahrungen zeigen allerdings, dass diese Studierende sowohl in der Ausbildung als auch im Studium hervorragende Ergebnisse erzielen. Für sie bieten sich somit an der Universität des Saarlandes mit dem Projekt der Doppelqualifikation Möglichkeiten, die es bisher so an keiner anderen deutschen Universität gibt.