Prof. Dr. Johannes Welcker
Fachrichtung 1.2
Volkswirtschaftslehre und Statistik


Rätsel Euro-Kurs?

cand. phil. Jörg Audörsch, Dipl.-Kfm. Alexander Schulligen, Professor Dr. Johannes Welcker
Universität des Saarlandes

Der EZB Präsident Duisenberg hat laut Handelsblatt geäußert: „Das anhaltend niedrige Niveau des Euro Wechselkurses gibt uns Rätsel auf“. Er meint damit offenbar die Abwertung des Euro seit dem Start der Europäischen Zentralbank am 1. Januar 1999.
Welche Theorien bietet die Wirtschaftswissenschaft zur Erklärung der Wechselkurse an? Die wichtigste Theorie zur Erklärung der Wechselkurse ist immer noch die Kaufkraftparitätentheorie. Die Kaufkraftparitätentheorie beruht auf der Annahme, dass es Warenarbitrage bei handelbaren Gütern gibt, die zu einer Angleichung der mit den Wechselkursen umgerechneten Preise in den einzelnen Ländern führt. Wie die Graphik zeigt, schwankt der US-$ Kurs in
D-Mark langfristig um die Kaufkraftparität des BIP, wie sie von der OECD berechnet wird. Konsumentenpreise ergeben im gekreuzten Warenkorbvergleich das gleiche Bild. Ungeliebt ist die Kaufkraftparitätentheorie, weil sie zur kurzfristigen Kursprognose untauglich ist: Die Kurse bleiben nicht bei der Kaufkraftparität, sondern entfernen sich auch wieder von ihr.
Bis 1972 liegt der US-$ Kurs in D-Mark über der Kaufkraftparität. Das heißt, die D-Mark war unterbewertet. Diese Unterbewertung förderte die Exporte und trug zum deutschen Wirtschaftswunder bei. Seither aber lag der US-$ Kurs in D-Mark mit Ausnahme der Zeit von 1982 bis 1985 stets unter der Kaufkraftparität. Das heißt, die D-Mark war überbewertet. Diese Überbewertung förderte die Importe. Sie erleichterte es der Deutschen Bundesbank, die D-Mark stabil zu halten. Die Bundesbank importierte Stabilität aus dem Ausland. Allerdings erreichte sie diesen Stabilitätsimport nur mit einer Zinspolitik, die deutliche Wachstumseinbußen zur Folge hatte. Der jetzige Eurokurs stellt eine Rückkehr zur Kaufkraftparität dar.
 
 

       Kurs des US-$ in DM mit Kaufkraftparität des BIP

Aus der Perspektive des Französischen Franc weist das Bild Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Vergleich zur D-Mark auf. Im Gegensatz zur D-Mark ist der US-$ Kurs in Französischen Franc während der letzten 40 Jahren nicht gefallen sondern gestiegen. Das heißt, der Franc hat gegenüber dem US-$ abgewertet, nicht wie die DM aufgewertet. Gemeinsam haben D-Mark und Französischer Franc, dass die Währungen bis 1972 gegenüber dem US-$ unterbewertet waren. Nach 1973 lag aber auch der Kurs des US-$ in Franc meist niedriger als die Kaufkraftparität. Auch der Franc war also im Vergleich zum US-$ überbewertet. Erst durch die Abwertung des Euro hat er die Kaufkraftparität erreicht und leicht überschritten.
Da sich Devisenkurse in Trends bewegen, ist eher mit einem weiteren Sinken des Eurowertes in US-$ zu rechnen. Dies sollte aber für die Europäische Zentralbank, deren Währungsgebiet ähnlich groß ist wie das des Federal Reserve System, kein Anlass zu Zinsreaktionen auf den Wechselkurs sein. Das Federal Reserve System hat in der jahrelangen Unterbewertung des US-$ auch keinen Anlass zur Abkehr von der binnenwirtschaftlichen Orientierung der Zinspolitik gesehen.
 
 

        Kurs des US-$ in FF mit Kaufkraftparität des BIP


 
 
 
 
 
 

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Prof. J. Welcker