Exkurs: Ontogenese der Affekte

Crossmodality bzw. Synästhesie



Empirisch versteht man unter Crossmodality bzw. Synästhesie den Vorgang, daß Erfahrungen die in einem Sinnesgebiet z.B. im taktil-haptischen Bereich gemacht werden, ohne zusätzlich Lernleistungen zur Identifikation eines Objektes auf Grund von Informationen aus einem anderen Sinnesbereich verwendet werden können.

Das einfachste Beispiel wäre die optische gesteuerte Identifikation eines Schnullers mit Noppen, der ausschließlich haptisch im Mundraum erfahren wurde.

Solche Vorgänge könnte man Werner (1959) und Kroh (1944) folgend, als physiognomische Wahrnehmung beschreiben,
die entsprechenden mentalen Abläufe als ikonische Repräsentanzen.

Bruner (1966) folgend, kann man sagen, daß man etwas auf drei Arten "kennen" (im englischen "repräsentieren") kann, nämlich

  1. dadurch, daß man etwas tut,

  2. dadurch daß man es sich bildlich vorstellt

  3. und dadurch, daß man ein symbolisches Mittel, z.B. die Sprache verwendet.

Ein Bild, eine ikonische Repräsentanz ist ein selektives Analogon dessen was es darstellt. Auf Grund eines Bildes kann man das Abgebildete ohne symbolische Übersetzung erkennen.
Die Synästhesien beziehen sich auf solche Verkoppelungen von Bildern aus verschiedenen Sinnesgebieten (z.B. die bei Kindern weitverbreiteten Chromatismen (= Farbenhören)).

Werner (1953), einer der letzten der dieses Gebiet ernsthaft vertreten hat, ist der gut begründeten Ansicht, daß die Synästhesien erst mit zunehmendem Alter verschwinden (z.B. Farbenhören bei Kindern und Erwachsenen 5o% : 14%).

Da sowohl den Farben wie den Tönen mit recht hoher Übereinstimmung bestimmte Affekte zugeschrieben werden, scheinen intensive Affekte besonders hohe Synästhesien bzw. crossmodale Wahrnehmungen zu erzwingen.