Auf dem Campus Saarbrücken der Universität des Saarlandes entsteht bis zum Jahr 2023 ein neuer Forschungsbau für das Zentrum für Biophysik (ZBP), mit dem der NanoBioMed-Schwerpunkt substantiell gestärkt werden soll. Der Forschungsbau wird das neue Zentrum für die biophysikalische Lehre und Forschung auf dem Campus Saarbrücken. Er ermöglicht den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, interdisziplinär und mit den neuesten Techniken zelluläre Prozesse aus biophysikalischer Perspektive zu untersuchen. Heute wurde der Preisträger im Realisierungswettbewerb des gemeinsam vom Bund und dem Saarland geplanten Forschungsbaus bekanntgegeben, so dass der Bau von nun an Gestalt annehmen kann.
Mit dem Realisierungswettbewerb sollte nicht nur ein zweckmäßiges, energie- und kosteneffizientes Forschungsgebäude konzipiert, sondern auch ein Entwurf erstellt werden, der Forschungskooperationen fördert. Der nun preisgekrönte Entwurf mit Speziallaboren, ruhigen Büroräumen und offenen Gesprächsbereichen stellt nach Einschätzung des Preisgerichts nicht nur ein funktionelles Forschungsgebäude dar, sondern bietet einen idealen Rahmen für die Integration von Lehre und Forschung.
Insgesamt sind 36 Entwürfe renommierter Architekturbüros eingegangen, aus der eine elfköpfige Jury unter der Leitung des Stuttgarter Architekten Markus Hammes die Preisträger bestimmt hat. Der erste Preis des Realisierungswettbewerbs ging an einen Entwurf des Architekturbüros NOVA Michael Beck Architekten GmbH, München. Die Jury lobt sowohl den architektonischen Reiz des Entwurfs, als auch die geschickte Anordnung der Arbeitsgruppen, die den Vorgaben der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern genau entspricht. Darüber hinaus ist es den Architekten gelungen, durch Sitztreppen, Loggien und Dachterrassen Orte von hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen. Die Jury kommt deshalb zu der Bewertung: „Der architektonische Ausdruck des Gebäudes ist stark, zeitgemäß und der Bauaufgabe angemessen. Die zurückhaltende Farbigkeit mit wenigen bewusst gesetzten Akzenten an den Eingängen und den Loggien ist angenehm. Die Arbeit ist ein hervorragender Beitrag, der sowohl in der funktionalen Ausarbeitung als auch in der architektonischen Setzung und ästhetischen Haltung überzeugt.“
Universitätspräsident Manfred Schmitt unterstreicht erneut die große Bedeutung des Forschungsbaus für die zukünftige Entwicklung des lebenswissenschaftlichen Schwerpunktes der Universität des Saarlandes: „Es ist ein großartiger Erfolg für den Campus Saarbrücken sowie für die Universität insgesamt, dass nunmehr der Grundstein für ein weiteres, hochkarätiges Forschungsgebäude innerhalb des NanoBioMed-Schwerpunkts gelegt wurde. Das beauftragte Architekturbüro realisiert mit seinem Entwurf ein hochmodernes Gebäude, das die interdisziplinäre Forschung im Bereich der Biophysik signifikant stärken wird und gleichzeitig auch Raum lässt für die standortübergreifende Zusammenarbeit mit der Medizin.“
Die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern des Gebäudes zeigen sich schon jetzt begeistert: „Der gesamte Prozess von der Antragstellung bis hin zur Vorbereitung und Durchführung des Realisierungswettbewerbs war für uns alle sehr spannend. Er bedeutet für uns die einmalige Chance, die eigene Arbeitsumgebung von Grund auf mitzugestalten. Alle beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind vollends von dem Entwurf überzeugt und fiebern dem Umzug schon jetzt entgegen.“, sagt Prof. Ludger Santen, geschäftsführender Leiter des ZBP.
Das neue Gebäude führt die biophysikalisch arbeitenden Arbeitsgruppen am Campus Saarbrücken zusammen und stellt den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des ZBP mit insgesamt sechs Speziallaboren, die in dem Gebäude beherbergt sein werden, eine hochkarätige Ausstattung zur Verfügung. Auf diese Weise sollen die Kompetenzen der bisher über den Campus Saarbrücken verstreuten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gebündelt und gleichzeitig die Kooperation mit den Mitwirkenden der Medizinischen Fakultät erleichtert werden. Dadurch werden Forschungsprojekte ermöglicht, die bislang nur mit erheblichem logistischem Aufwand durchführbar waren, beispielsweise wenn sie den Transport von lebenden Zellen von einem Labor in ein anderes erfordern. Der Zugriff aller Arbeitsgruppen auf verschiedene Labore mit Zellkulturen, Konfokal- und Kraftmikroskopie, Reinraum, Oberflächenanalyse und Hochleistungsrechner soll durch den Forschungsbau erheblich erleichtert und die Zusammenarbeit von Theorie und Experiment über „den Flur hinweg“ substantiell gefördert werden.
Hintergrund zum Zentrum für Biophysik an der Universität des Saarlandes
Die erfolgreiche Antragstellung des mit knapp 3.800 Quadratmeter geplanten Forschungsbaus ist ein weiterer Beleg für die Strukturbildung durch den 2013 eingerichteten Sonderforschungsbereich „Physikalische Modellierung von Nicht-Gleichgewichtsprozessen in biologischen Systemen“ (SFB 1027), der 2017 nach einer erfolgreichen Begutachtung in seine zweite Förderphase bis Ende 2020 ging. Das Zentrum für Biophysik verstetigt und erweitert somit die im Sonderforschungsbereich geschaffenen Forschungs- und Ausbildungsstrukturen über die Laufzeit hinaus. Nach Einschätzung des Wissenschaftsrats stellt das vorgelegte Konzept des Forschungsbaus „eine wichtige Weiterentwicklung im Schwerpunkt „NanoBioMed – Leben und Materie“ am Standort Saarbrücken dar“. Der Wissenschaftsrat hebt insbesondere die „Schlüsselrolle für die erfolgreiche Entwicklung der Nachwuchsgruppen¬leiterinnen und –leiter in der Biophysik“ und die „nationale Vorreiterrolle“ im Bereich der biophysikalischen Lehre des Zentrums für Biophysik hervor.
Die Forscher im Zentrum für Biophysik arbeiten sowohl experimentell als auch theoretisch. Sie möchten im Schwerpunkt die Selbstorganisation und Nichtgleichgewichtsdynamik zellbiologischer Prozesse verstehen. „Physiker versuchen, die detaillierte Sichtweise eines Biologen auf molekulare Prozesse so weit zu abstrahieren und zu einer ‚gröberen’ Beschreibung zu kommen, bis sie allgemein gültige naturwissenschaftliche Prinzipien dahinter erkennen“, erklärt der theoretische Physiker Professor Heiko Rieger, Sprecher des Sonderforschungsbereichs. „Wenn wir solche Mechanismen entdecken, können wir sie vermutlich auch auf ähnliche Abläufe in anderen Zellen übertragen und so neue Erkenntnisse gewinnen. Wir werden viele Prozesse in unserem Körper besser verstehen, wenn wir wissen, welche Physik dahintersteckt“, so der Koordinator des Sonderforschungsbereichs weiter. Diese Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung könnten in der Zukunft wichtig sein, um Anwendungen in der Medizin zu ermöglichen, die heute noch nicht möglich sind.
In dem Gebäude werden neun Arbeitsgruppen mit insgesamt rund 120 Personen unterkommen. Einschließlich der Erstausstattung der Labore mit Forschungsgeräten und Büros wird die Erstellung des Zentrums für Biophysik rund 37 Millionen Euro kosten (31 Millionen reine Baukosten). Die Finanzierung soll jeweils zur Hälfte aus Mitteln des Landeshaushalts und aus Bundesmitteln (Forschungsbauförderung nach Art. 91b GG) erfolgen.