Die Auszeichnung, die mit einem Preisgeld in Höhe von 30.000 Euro verbunden ist, wurde am 22. März vom Minister der Finanzen und für Wissenschaft, Jakob von Weizsäcker, im Rahmen der Vergabefeier im Ministerium für Finanzen und Wissenschaft verliehen.
„Borderland Stories“ – das sind multimediale Grenzgeschichten in und um Europa, die Studierende der Universität des Saarlandes (UdS) und der Universität Mykolajiw während des Wintersemesters 2021/22 gemeinsam erarbeitet haben. Bei dem Projekt, das von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) gefördert wurde, handelte es sich um eine virtuelle Lehrveranstaltung im Rahmen der Masterstudiengänge „Border Studies“ der Universität der Großregion und „Amerikanistik“ der UdS. Für das transnationale digitale Lehrangebot ausgezeichnet wurden Prof. Astrid Fellner und Prof. Oleksandr Pronkevych (Konzept und Projektleitung) sowie Dr. Tobias Schank und Dr. Alina Mozolevska (Koordination) – stellvertretend für das gesamte große Projektteam auf ukrainischer und saarländischer Seite.
„Ziel war es, Studierende aus der Großregion mit Studierenden aus der Ukraine zusammenzubringen und sie in einen Dialog über das Leben in ihren jeweiligen Grenzgebieten treten zu lassen“, sagt Astrid Fellner, Professorin für Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften an der Universität des Saarlandes. Gemeinsam sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – zwölf aus der Großregion und 18 aus Mykolajiw – multimediale Grenzgeschichten erarbeiten.
„Daraus sind zehn Beiträge über Grenzen und Grenzregionen entstanden, die davon erzählen, wie Menschen Grenzen erleben und wie sie mit ihnen umgehen. Eine Arbeit befasst sich beispielsweise mit Polen als Transit-Land für ukrainische Arbeitsmigrantinnen und -migranten“, berichtet Fellner, die schon seit vielen Jahren über Grenzräume forscht und lehrt. „Andere Beiträge widmen sich der Grenzerfahrung in der Sperrzone rund um das Atomkraftwerk Tschernobyl oder sie beschreiben alltägliche Grenzerfahrungen in der Großregion und der Ukraine.“ Dabei sollten die Studierenden ihre wissenschaftlichen Recherchen mit kreativer Arbeit verbinden. Ihre multimedialen Beiträge – darunter Fotos, Texte und Videos – wurden in eine eigene Projektwebseite integriert.
Ungeahnte Brisanz erhielt das Projekt durch die russische Invasion in die Ukraine unmittelbar nach Abschluss der Lehrveranstaltung. „Im Kontext des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist die Frage nach politischen, kulturellen und sprachlichen Grenzen und Grenzerfahrungen und nach Identität und Mobilität hochaktuell“, sagt Astrid Fellner. „Die ‚Borderland Stories‘ sind sehr plötzlich zu Dokumenten der Zeitgeschichte geworden, die die Erinnerung an die Zeit vor dem Krieg erhalten.“
Hintergrund: Projektablauf
In einer ersten Projektphase erhielten die Studierenden Einblick in theoretische und methodologische Kernkompetenzen: So vermittelte die Saarbrücker Lehrbeauftragte Dr. Lisa Johnson ihnen das notwendige ethnographische Rüstzeug und diskutierte ethische Fragen rund die Arbeit mit Informantinnen und Informanten. Einblicke in die praktische Arbeit der (Krisen-)Berichterstattung gewährten das ukrainische Journalistenteam Tetiana Koliesnechenko und Yaroslav Cherepushko sowie die renommierten Filmemacher Vladislav Robski und Constantin Iskra, die über ihre Erfahrungen an den umkämpften ukrainischen Grenzen berichteten. Der interkulturelle Austausch wurde unterstützt durch ein Team mit unterschiedlichster Expertise aus den Kultur-, Sprach- und Medienwissenschaften sowie den Border Studies.
Nachdem die Studierenden in einer zweiten Phase Geschichten und Themen für ihre eigene Forschung ausgewählt hatten, wurden internationale Gruppen gebildet, die gemeinsam ausgewählte Ideen entwickelten. Für ihre Recherchereisen, bei denen die Studierenden Informationen, Fotos, Videos und Audiomaterial sammelten, erhielten sie kleine Budgets. Bei der Umsetzung in multimediale Grenzgeschichten wurden sie von Expertinnen und Experten aus verschiedenen technischen und künstlerischen Fachgebieten beraten (Fotographie, Bildarrangement, Regie, Blog und Online-Journalismus, Sound Engineering, Musik, Webdesign).
Die Beiträge wurden in einer dritten Arbeitsphase in die Projektwebseite https://borderland.online integriert.
Gefördert wurde das Projekt mit Mitteln der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) in der Förderlinie „MEET UP! Youth for Partnership“ vom Auswärtigen Amt; sie erlaubten unter anderem die Finanzierung kleiner Reisebudgets für die Recherchereisen der Studierenden.
Auf Einladung des MUDAM in Luxemburg (Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean) haben einige deutsche und ukrainische Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erfahrungen und Ergebnisse des Projektes vorgestellt. Die Projekt-Präsentation durch Prof. Astrid Fellner im Rahmen eines Symposiums ist auf dem Youtube-Kanal des MUDAM veröffentlicht: https://www.youtube.com/watch?v=jGVIxbvP268&t=1262s
Projektwebseite: https://borderland.online
Der Landespreis Hochschullehre:
Der Landespreis Hochschullehre wird seit 2003 jedes Jahr von der saarländischen Landesregierung ausgelobt. Er wird an Dozentinnen und Dozenten der saarländischen Hochschulen vergeben, die durch besonderes Engagement, Organisationstalent und didaktisch-methodisches Vorgehen neue Impulse für die Weiterentwicklung der Hochschullehre gesetzt haben. Mit insgesamt 50.000 Euro Preisgeld würdigt die Landesregierung damit bis zu drei herausragende Projekte im Bereich der Lehre.
Ein zweiter Preis und ein Preisgeld von 20.000 Euro ging in diesem Jahr an die Hochschule für Technik und Wirtschaft für eine multidisziplinäre Veranstaltung zu Gender und Diversity.
Info: https://www.uni-saarland.de/dezernat/ls/qualitaetsinstrumente/landespreis-hochschullehre.html
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Astrid M. Fellner
Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft
UniGR-Center for Border Studies
E-Mail: fellner(at)mx.uni-saarland.de
Tel.: +49 681 302-2770
www.amerikanistik.uni-saarland.de
Hinweis für Hörfunk-Journalisten:
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