Susanne Gehrmann

Susanne Gehrmann

Neue literarische Perspektiven auf Migration im Werk der franko-senegalesischen Autorin Fatou Diome 

Dieser Artikel liefert einen Überblick zum besonderen Umgang mit dem Thema Migration, das im Zentrum des Schaffens der franko-senegalesischen Schriftstellerin Fatou Diome steht. Durch ausgewählte Einblicke in ihre Romane werden die innovativen Aspekte im Schreiben Diomes veranschaulicht, die zwei neue Arten von Charakteren in die frankophone Literatur zur afrikanischen Migration nach Europa einführt und damit bestimmte Tabus bricht. Erstens schafft Fatou Diome in ihren Novellen und mehreren Romanen die Figur der afrikanischen Intellektuellen: eine Studentin, oder gar eine Schriftstellerin ist, eine Migrantin, die den stereotypen Bildern von der afrikanischen Frau in der Opferrolle entgegensteht und die gleichermaßen die französische wie die senegalesische Gesellschaft kritisch und scharfsinnig beobachtet. Zweitens richtet Diome in Celles qui attendent (2010) ihre Aufmerksamkeit auf die Mütter und Ehefrauen zahlreicher männlicher Migranten aus ihrer Heimatregion Sine Saloum und erzählt dadurch Geschichten von Frauen, die bis dato sowohl in den Medien als auch in der Literatur kaum Beachtung gefunden haben. Drittens inszeniert die Autorin v.a. in Kétala (2006) transgressive Männlichkeit am Beispiel von männlichen Figuren, die eine „von der Norm abweichende“ Sexualität leben und somit den strengen Ehrenkodex, den ihnen durch die erdrückenden Geschlechterrollen in ihrer Gesellschaft auferlegt ist, ignorieren – letztere ein weiterer Grund für die Migration.

 

In: Lüsebrink, Hans-Jürgen; Polzin-Haumann, Claudia; Vatter, Christophe (Hg.): „Alles Frankreich oder was?" — Die saarländische Frankreichstrategie im europäischen Kontext. Interdisziplinäre Zugänge und kritische Perspektiven / «La France à toutes les sauces?» — La `Stratégie France´ de la Sarre dans le contexte européen. Approches interdisciplinaires et perspectives critiques (Frankreich-Forum, Jahrbuch des Frankreichzentrums der Universität des Saarlandes, Bd. 15/2015—2016). Bielefeld: transcript, 2016, S. 289.