Albrecht Sonntag et David Ranc

Albrecht Sonntag und David Ranc

 

Zwischen Gleichgültigkeit und wechselseitiger Inspiration. Der Fußball als verspäteter kultureller Mittler zwischen Deutschland und Frankreich

Als weitverbreitete kulturelle Praxis spielte der Fußball natürlich eine wichtige Rolle in den deutsch-französischen Städtepartnerschaften und Sportfesten, die von der Zivilgesellschaft in den Nachkriegsjahren auf den Weg gebracht wurden. Vom populärkulturellen Massenspektakel Fußball lässt sich das allerdings nicht behaupten. Hier herrschte eher eine stark ausgeprägte wechselseitige Gleichgültigkeit, die in Stereotypen verankert blieb und auch von potenziellen Vermittlern wie Spielern oder Sportjournalisten nicht aufgeweicht werden konnte.

Ein Wandel in den Wahrnehmungsmustern setzte erst mit den Weltmeisterschaften 1998 und 2006 ein, für die Frankreich bzw. Deutschland als Gastgeber fungierten. Das ethnisch gemischte französische Weltmeisterteam von 1998 beeinflusste nachhaltig nicht nur den deutschen Fußball, der das französische Ausbildungssystem zum Vorbild für seine eigene Erneuerung erkor, sondern auch die gesellschaftliche Debatte über die anstehende Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes. Ein ähnlicher Wandel erfolgte auf französischer Seite nach 2006. Dort werden seither die deutschen Strukturen als Modell für die Modernisierung des französischen Profi-Fußballs herangezogen, zugleich hat sich der Blick auf die deutsche Mannschaft als sympathisches und multikulturelles Team radikal verändert.

Die Entwicklung dieser Beziehungen steht im Zusammenhang mit der Europäisierung des Fußballs, die unweigerlich zu einem systematischen benchmarking und einer Konvergenz der Praktiken führt.