Amina Boubia

Amina Boubia

 

‚Krach in der Kulisse‘. Aktuelle Musikszene und gesellschaftspolitischer Wandel in Marokko und Tunesien im Kontext des Arabischen Frühlings

Die aktuelle arabische Musikszene reflektiert und begleitet den post-islamistischen Transformationsprozess, der im arabischen Raum langsam, aber kontinuierlich voranschreitet. Besonders in Tunesien und Marokko illustriert die aktuelle Musik die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern einer zentristischen autoritären Ordnung, islamistischen Strömungen und Befürwortern einer säkularen Gesellschaftsordnung, die diese Region zurzeit erlebt. Liedtexte und Videoclips veranschaulichen die unterschiedlichen Entwicklungen und Herausforderungen beider Länder. In den Jahren 2000+ ging in Marokko das von einer neuen Musikszene getragene kulturelle Phänomen der Nayda dem Arabischen Frühling voraus, während in Tunesien die Zivilgesellschaft stark unter der Zensur des Ben Ali-Regimes litt. Als sich der Arabische Frühling Ende 2010 ankündigte, wurde in der marokkanischen Musikszene eine wichtige politische Bruchlinie zwischen konservativen Verteidigern eines stabilen Status quo und Befürwortern der Protestbewegung vom 20. Februar manifest. In Tunesien hingegen entwickelte sich rasch eine neue Künstlergeneration, die zunächst aktiv die Revolution begleitete, dann erheblich zu einer wachsamen und mobilisierten Zivilgesellschaft beitrug, die den Erfolg des institutionellen Demokratisierungsprozesses 2014 erst möglich machte. In diesem Kontext werden vor allem Rapper, wie El Haqed in Marokko oder Weld El 15 in Tunesien, zu regelrechten Freiheitsikonen und Wortführern eines säkularen post-islamistischen Wandels.