Corine Defrance

Corine Defrance

 

Barbara, Göttingen und die deutsch-französische Versöhnung

Trotz persönlicher Verletzungen und nach einigem Zögern fuhr Barbara im Juli 1964 zu einem Konzert nach Göttingen. Vom Enthusiasmus der deutschen Jugend sehr bewegt, schrieb sie dort die erste Fassung ihres Liedes Göttingen und trug sie am letzten Abend erstmals dem Publikum vor. Wie ist dieses Lied – eines ihrer bekanntesten –, das oft als ‚kleines Liebeslied‘ ‚Lied der Verzeihung‘ bzw. ‚Lied der Versöhnung‘ charakterisiert wird, zum Symbol der deutsch-französischen Annäherung geworden? Wie wurde Barbara selbst eine Ikone der deutsch-französischen Versöhnung weit über dieses Lied hinaus?

Bei verschiedenen Gedenkfeiern, auch anlässlich des Todestags von Barbara, wurde Göttingen von den offiziellen wie zivilgesellschaftlichen Akteuren, von der Wissenschaft wie von den Medien in den Mittelpunkt gerückt. Für Barbara war dieses durch Musik und Text emotional hoch beladene Lied natürlich zunächst ein Vektor der persönlichen Verzeihung den Deutschen gegenüber. Aber Göttingen ist nicht nur eine individuelle Geste. Das Lied ist auch eine öffentliche Stellungnahme, die durch Konzerte und Schallplatten auch das Publikum mit einbezieht. Durch seine offizielle Verwendung – durch Regierungsbehörden, die Stadt Göttingen, verschiedene Vereinigungen – wurde Göttingen allmählich zu einer Art ‚Hymne der deutsch-französischen und europäischen Versöhnung‘.