Ingeborg Rabenstein-Michel

Ingeborg Rabenstein-Michel

 

Soziologie der Frustration bei Claire Bretécher. Zur deutsch-französischen Kulturvermittlung durch den Comic

Die Comicserie Les Frustrés (Die Frustrierten), die Claire Bretécher zwischen 1975 und 1980 veröffentlichte, beschreibt mit Talent, Biss und Genauigkeit die Schwierigkeit, in den Jahren nach dem Umsturz von 1968 gesellschaftskritische Ideale, soziales Statusstreben und alltägliche Realität in Einklang zu bringen.

Bretécher entscheidet sich für eine Analyse oder, wie Roland Barthes es nannte, eine Soziologie der Frustration mit doppeltem Blickwinkel und verknüpft dadurch diese allgemeine Thematik mit dem humoristischen-satirischen Engagement eines Feminismus, der in den 1970er Jahren vor der Aufgabe steht, sich im Alltag zu bewähren. Ihre Comics lassen daher dieselben Töne anklingen wie die einiger deutscher Zeichner wie Chlodwig Poth oder Franziska Becker und machen dadurch Konvergenzen wie Divergenzen der Herangehens- und Behandlungsweisen deutlich. Die Rezeption von Poth und Becker in Frankreich wurde leider durch das Fehlen von Übersetzungen unmöglich gemacht, dagegen wurden die Bände von Bretécher in Deutschland sehr schnell und positiv aufgenommen und konnten daher ihre Rolle als Instrument der interkulturellen Vermittlung voll erfüllen.