Dietmar Hüser

Dietmar Hüser

 

Amerikanisches in Deutschland und Frankreich – Vergleich, Transfer und Verflechtung populärer Musik in den 1950er und 1960er Jahren (Abstract)

 

Die 1950er und 1960er Jahre stellen eine Zeit grundlegenden soziokulturellen und politischen Wandels dar – sowohl in Frankreich wie in Deutschland. Im Prozess der ‚Amerikanisierung’ beider Länder spielt die Rezeption der amerikanischen Massenkultur eine entscheidende Rolle. Es ist dem Rock ‘n’ Roll zu verdanken, dass sich eine gemeinsame Jugendkultur und –identität quer zu den Sozialschichten ausbildet – eine Kultur und Identität, die Rebellion und Konsum verbindet.

Dies gilt für beide Länder. In einer kontrastiven Betrachtungsweise werden jedoch auch klare Unterschiede in der Rezeption amerikanischer Populärmusik deutlich, trotz ähnlicher ökonomischer (‚trente glorieuses’, Wirtschaftswunder) und demografischer (Bevölkerungswachstum und –verjüngung) Kontexte. In Frankreich gibt es sowohl aus historischen Gründen wie durch aktuelle Entwicklungen bedingt einen gewissen Widerstand gegen alles Amerikanische. In Deutschland ist der amerikanische Einfluss massiver, und der Aufschwung der Massenkultur begünstigt den Übergang zur pluralistischen und liberalisierten Massendemokratie als neues Bezugssystem.

Diese Faktoren können die Unterschiede in den Aneignungsprozessen erklären. In Frankreich wird der Rock ‘n’ Roll nicht nur später rezipiert, sondern auch hauptsächlich durch Vermittlung nationaler Adaptationen wie etwa Johnny Halliday. Die französische Populärmusik behält somit eine größere Autonomie. Einige Genres, vor allem die kritischen Chansons eines Georges Brassens, beeinflussen im Übrigen die deutsche Kultur, während das deutsche Chanson in Frankreich kaum rezipiert wird.

Im Bereich der Massenkultur bleiben Wege und Modi des Transfers noch weitgehend zu erforschen. Der Fall des Rock ’n’ Roll und seiner Folgephänomene zeigt jedoch, wie fruchtbar ein Vorgehen sein kann, das Kulturtransfer und kulturkontrastiven Vergleich verbindet und dabei auch die politischen Implikationen kultureller Phänomene mit einbezieht.

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