Joseph Jurt

Joseph Jurt

 

Ein transnationales deutsch-französisches literarisches Feld nach 1945? (Abstract)

 

Die Idee einer Nationalliteratur ist ein historisch markiertes Konzept: Die Konstruktion einer Nation bringt für gewöhnlich auch die Rekonstruktion ihrer Literaturgeschichte mit sich. Die Begriffe ‚literarisches Feld’ (Pierre Bourdieu) und ‚Kulturtransfer’ (Michel Espagne, Michael Werner) erlauben es, den dynamischen Charakter der Beziehungen zwischen literarischen Räumen ebenso wie gegenseitige Abhängigkeiten, Importe und Missverständnisse besser zu erfassen.

Der kulturelle Austausch über Grenzen hinweg setzt jedoch eine gewisse Autonomie der intellektuellen Felder voraus. In Krisenzeiten ist diese Autonomie häufig durch politischen Druck bedroht. So versuchte das Naziregime, den Austausch zwischen Deutschland und Frankreich im Sinne politischer Repression und rassischer Diskriminierung zu kontrollieren. Doch im Gegensatz zu der Situation während des Ersten Weltkrieges führt diese Krise bei den französischen Intellektuellen nicht zu einer allgemeinen Deutschfeindlichkeit; manche betonen die Notwendigkeit, zwischen dem Nationalsozialismus einerseits und der humanistischen Tradition, die die Exilliteratur bestimmt, andererseits zu unterscheiden.

 

Nach dem Ende des Krieges wurde das Schlagwort ausgegeben, man dürfe die Fehler von ‚Versailles’ nicht noch einmal machen. Die Kulturpolitik, die als Instrument der Demokratisierung verstanden wurde, stellte so ein zentrales Element der französischen Besatzungspolitik dar. Parallel dazu versuchen junge Intellektuelle beider Länder, den Grundstein für eine neue Verständigung und die erhoffte Aussöhnung zu legen.

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