Michael N. Ebertz

Michael N. Ebertz

 

Katholische Kirche in Deutschland – Von der Glaubensgemeinschaft zur Dienstleistungsorganisation (Abstract)

 

Der Beitrag entfaltet auf dem Hintergrund der aktuellen Religionsstatistik folgende Thesen: Die katholische Kirche in Deutschland schrumpft, wenn auch nicht so stark wir die evangelische, die zweite große Konfessionskirche. Die Katholiken konzentrieren sich im Süden und Westen, d. h. auch in direkter und indirekter Nachbarschaft zu Frankreich. Deutschland ist nicht nur konfessionell gespalten, sondern auch insofern, als seit der Wiedervereinigung die Bevölkerungsmehrheit Ostdeutschlands nachhaltig konfessionslos bleibt. Die deutsche Gesellschaft ist immer weniger durch die Gemeinsamkeit religiöser Überzeugungen integriert. Aber auch die katholische Kirche in Deutschland selbst ist mit einem massiven religionsinternen Pluralismus konfrontiert, auch mit Agnostikern und Pantheisten in den eigenen Reihen. Auch sie ist nicht durch eine Gemeinsamkeit religiöser Überzeugungen ihrer Mitglieder geprägt. Aus einer Glaubensgemeinschaft wird zunehmend eine Dienstleistungsorganisation, aus Seelsorgern werden ‚Magier’ und Ritualanbieter, aus Gläubigen werden ‚Kirchenkunden’, die mehrheitlich auch nicht mehr an ein Leben nach dem Tode glauben und ohne missionarische Dynamik sind. Diese Tendenzen sind wohl auch darauf zurück zu führen, dass in Deutschland der – historisch blutige – Konfessionskonflikt auch dadurch gelöst wurde, dass beide Kirchen mit ihren Wohlfahrtsorganisationen am Ausbau des Sozialstaats partizipieren. Die katholische Kirche ist damit in Deutschland auch eine ‚Sozialkirche’, relativ stabil eingebettet in ein partnerschaftlich formatiertes Verhältnis zum Staat, der auch für die Kirchen Steuern erhebt, was ihr ermöglicht, eine große Zahl von hauptberuflichen Nichtklerikern zu finanzieren. All dies zusammen transformiert die Sozialgestalt der Kirche hin zu einer Arbeits- und Dienstleistungsorganisation. Die katholische Kirche wird damit zum Teil einer zivilgesellschaftlichen Infrastruktur. Ihre öffentliche Präsenz ist ebenso erwünscht wie ihre Bereitschaft, das irdische Gemeinwohl mitzugestalten.

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