Claire Demesmay

Claire Demesmay

 

Déclinaisons franco-allemandes: des récits européens à l’épreuve du réel [Deutsch-französische Variationen: europäische Erzählungen im Realitätstest] (Abstract)

 

Die Konfrontation mit der Realität der Zeit nach dem Kalten Krieg führte dazu, dass nationale Fiktionen, die sich in den Jahrzehnten vor der Wende herausgebildet hatten, korrigiert werden mussten. In welcher Weise hat die Realität auf die europäischen Erzählungen der Nationalstaaten abgefärbt? Haben sie sich angepasst oder im Gegenteil Widerstand geleistet? Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit diesen Fragen und richtet dabei sein besonderes Augenmerk auf Deutschland und Frankreich. Diese zwei Länder wurden ausgewählt, weil sie einerseits von Anfang an im Zentrum des europäischen Integrationsprozesses standen und somit über einen strukturierten Europadiskurs verfügen, den sie im Verlauf der verschiedenen Etappen der europäischen Integration erprobten und manchmal auch modifizierten, und weil sie andererseits sehr oft unterschiedliche, ja sogar gegensätzliche Konzeptionen der EU-Politiken vertreten und daher die Vielfalt der Positionen und politischen Tendenzen innerhalb der EU repräsentieren. Schließlich waren Frankreich und Deutschland vom Fall der Mauer und seinen Implikationen nicht in gleicher Weise betroffen, und die beiden Länder haben dieses Ereignis sehr unterschiedlich in ihre jeweilige Europa-Erzählung integriert. Dieser Artikel widmet sich zunächst dem deutschen und dem französischen Diskurs und untersucht sie separat, um die Spezifizität beider Länder in ihrer Positionierung zu Europa zu erfassen. Danach analysiert er die Dialektik zwischen Erzählung und Realität im Kontext der deutsch-französischen Beziehungen und beobachtet die Interaktion dieser beiden Diskurse im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends.