01/20/2022

EU-Projekt will Häftlingen die „Psychologie des Unternehmertums“ zur Wiedereingliederung vermitteln

Ein von der EU gefördertes Projekt will dazu beitragen, Straftäterinnen und Straftätern nach der Haft die soziale Reintegration und den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben zu erleichtern: In einem digitalen Trainingskurs sollen Häftlinge auf die Gründung eines Unternehmens vorbereitet werden sowie persönliche Kompetenzen einüben können. Das Projekt wurde vom Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der Saar-Uni initiiert.

Das Saarbrücker Team kooperiert dabei mit BWLern und Soziologen aus Irland, Litauen und Rumänien sowie dem rumänischen Jilava-Gefängnis. Das Projekt „PREP“ („Prisoner Reintegration through Entrepreneurship and Psychology“) startet im Februar 2022 und wird von der EU für drei Jahre mit 400.000 Euro gefördert. 

Zu den Zielen des Strafvollzugs gehört es, Häftlinge zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen, sodass eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft gelingen kann. Statistische Daten zeigen jedoch, dass in Deutschland 35 Prozent und in Rumänien mehr als 38 Prozent der Straftäterinnen und Straftäter erneut kriminell werden. Die soziale Integration entlassener Häftlinge wird insbesondere dadurch behindert, dass sich die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt als schwierig gestaltet: Ex-Häftlinge sehen sich in der Regel zahlreichen Vorurteilen vonseiten potenzieller Arbeitgeber ausgesetzt. 

Einen alternativen Einstiegsweg in den Arbeitsmarkt hat man sich im Strafvollzug in den USA überlegt: Hier gibt es immer mehr Gefängnisse, die interne Weiterbildungen zur Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen anbieten. Inhaftierte sollen schon während ihrer Zeit im Gefängnis unternehmerisches Wissen lernen, eine Unternehmensgründung starten und somit unabhängiger und selbstbestimmt in ein Leben nach der Entlassung starten. „Diese Programme fokussieren sich allerdings sehr stark auf die Vermittlung von betriebswirtschaftlichem Wissen für die Gründung“, hat Nida Bajwa beobachtet, promovierter Organisationspsychologe am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der Saar-Uni. „Für Häftlinge scheint es jedoch wichtig, darüber hinaus auch psychologische Fähigkeiten zu schulen – beispielsweise langfristiges Denken, Selbstmotivation und soziale Skills“, ist er überzeugt. Zudem sollten die erworbenen wirtschaftlichen Kenntnisse und psychologischen Kompetenzen auch über die Zeit der Entlassung hinaus gefördert und trainiert werden, sodass die Programme langfristige Wirkungen zeigten. „Psychologische Selbstwirksamkeit ist einer der bedeutsamsten Prädiktoren für unternehmerischen Erfolg, den die Forschung identifiziert hat. Diesen Faktor gilt es bei den Häftlingen auszubilden und langfristig aufrechtzuerhalten“, erläutert Bajwa. 

Im Rahmen des Projektes „Prisoner Reintegration through Entrepreneurship and Psychology“ (PREP) will Nida Bajwa ein solches Trainingsprogramm als Pilotprojekt für das Jilava Gefängnis in Rumänien sowie für assoziierte Partner in Deutschland und Irland bereitstellen. Der Saarbrücker Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie arbeitet dabei mit Expertinnen und Experten aus Irland, Litauen und Rumänien zusammen und führt mit dem Programm erstmals Expertise aus den Bereichen Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und Reintegration zusammen. 

Ziel ist es, einerseits grundlegende wirtschaftliche Fähigkeiten zu vermitteln – vom Projektmanagement bis hin zur Businessplananalyse; darüber hinaus beinhaltet das Programm auch praktische Übungen zur Selbstkontrolle, Motivation und sozialen Kommunikation. „Ausgestattet mit diesem Repertoire an persönlichen und unternehmerischen Werkzeugen, sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits im Gefängnis ihr Gründungsvorhaben starten, Business-Ideen entwickeln, Finanzpläne aufstellen und das Präsentieren vor Publikum üben“, erläutert Nida Bajwa. Nach der Entlassung werde ein engmaschiges Netzwerk an Reintegrationsorganisationen das Coaching der Gründerinnen und Gründer fortsetzen, Hilfestellungen geben und auch in sonstigen Fragen der Lebensplanung beratend zur Seite stehen. 

Das Projekt „Prisoner Reintegration through Entrepreneurship and Psychology“ (PREP) wird von der Europäischen Union im Rahmen des Programms „Europäische Zusammenarbeit in der Berufsbildung“ mit circa 400.000 Euro bis mindestens Januar 2024 gefördert und von der Universität des Saarlandes geleitet. Es startet im Februar 2022. Das Kursprogramm soll in Justizvollzugsanstalten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Irland und Rumänien zum Einsatz kommen.  

Projektpartner sind:
Die Universität des Saarlandes, die Technologische Universität Dublin, European Strategies Consulting, das rumänische Jilava Gefängnis, die irische Reintegrationsorganisation PACE und das litauische Start-up UAB LearnKey.

Link zur Projektwebseitewww.prisonentrepreneurship.eu 
Link zum Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologiewww.uni-saarland.de/ao 

Fragen beantwortet:
Dr. Nida Bajwa
Projektleitung PREP
Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie von Prof. Dr. Cornelius König
Tel.: 0681 302-4760
E-Mail: n.bajwa@mx.uni-saarland.de
www.uni-saarland.de/lehrstuhl/koenig/personen/nida-bajwa.html