Ähnlich wie die Produktion von Gütern, hat das Erbringen einer Leistung sowohl eine quantitative als auch qualitative Dimension. Es ist üblich, das Ergebnis einer Dienstleistung nicht nur durch die Quantitäten, sondern ebenso durch die Qualitäten der erstellten Leistung zu kennzeichnen. Alle Maßnahmen, die die Qualität positiv beeinflussen, werden unter dem Begriff Qualitätssicherung zusammengefasst. Da jede Krankenversorgung eine Dienstleistung darstellt und somit qualitativ beurteilt werden kann, ist die Qualitätssicherung ein wichtiges Strukturelement des Gesundheitswesens. Es geht also nicht darum, möglichst viele Patienten zu behandeln, sondern die am Patienten erbrachten Leistungen sollen in ihrem Ergebnis bewirken, dass der Patient bestmöglich wieder hergestellt wird. In diesem Sinne verstehen wir Qualitätssicherung als Zusammenfassung aller Maßnahmen im Gesundheitswesen, die zu einer bestmöglichen Versorgung der Patienten führen. Dadurch soll eine effiziente und humane Krankenversorgung auf gleichmäßig hohem Niveau gewährleistet werden.
Historisch hat sich die Qualitätssicherung aus der Qualitätskontrolle in der Produktion entwickelt. Während zunächst Methoden zur Prüfung von Einzelteilen (z.B. von Schrauben) entwickelt wurden und auch heute noch eingesetzt werden (z.B. im klinischen Labor), sind für die Qualitätssicherung komplexer Gegenstände (z.B. eines Autos), ganze Bündel von Maßnahmen erforderlich. Daher spricht man heute im industriellen Bereich statt von Qualitätssicherung von Qualitätsmanagement.
"Qualitätsmanagement umfasst alle Aspekte im Rahmen der Unternehmensführung, die im Zusammenhang stehen mit der von der obersten Leitungsebene formulierten grundlegenden Einstellung, sowie den Absichten, Zielsetzungen und Maßnahmen in Bezug auf die Erreichung und Verbesserung der Qualität. Dabei sind vielfältige Einflussfaktoren zu berücksichtigen, insbesondere Aspekte der Wirtschaftlichkeit, der Gesetzgebung und der Umwelt. Hinzu kommen als externe Einflussfaktoren die Wünsche und Anforderungen der Kunden. Die Unternehmensleitung muss aktiv für eine konsequente Umsetzung des Qualitätsmanagements auf allen Hierarchieebenen sorgen." (zitiert nach DIN/ISO 8402)
Qualitätsmanagement bedeutet also sowohl die Festlegung und Verfolgung von Zielen als auch die Festlegung von Verantwortlichkeiten. Diese allgemeinere Sichtweise ist auch im Gesundheitswesen angebracht, wobei dort häufig noch der Begriff Qualitätssicherung weiter verwendet wird.
Mit dem vom lateinischen Wort Qualitas abgeleiteten Begriff Qualität, verbindet man umgangssprachlich Beschaffenheit, Eigenschaft, Güte oder Wert. Aus der Beschaffenheit einer Leistung folgen ihre Eigenschaften. Sie begründen die Eignung einer Leistung für einen bestimmten Verwendungszweck. Diese (jeder Sach- oder Dienstleistung zuzuordnende) Zweckeignung wird mit Qualität bezeichnet. Sie ist keine eindimensionale Größe, sondern ein Bündel von Merkmalen, die zum Teil voneinander abhängig sind. Die Qualität einer Leistung ist also diejenige Beschaffenheit, die sie für ihren Verwendungszweck geeignet macht (=SOLL, auch als Standard bezeichnet). Davon ausgehend, bedeutet Qualitätsbeurteilung Abweichungen zwischen der IST- und SOLL-Ausprägung der die Qualität bestimmenden Merkmale zu erkennen, festzustellen und zu erfassen. Darauf aufbauende Qualitätssicherung deckt durch eine systematische Analyse die Ursachen der Abweichungen auf, mit dem Ziel Qualitätsdefizite in Zukunft zu vermeiden.
Im Bereich der Krankenversorgung wird der Qualitätsbegriff vorwiegend unter pragmatischen Gesichtspunkten definiert. Es geht also darum, Abweichungen zwischen dem, was bei der Patientenversorgung erreicht werden kann und soll, und dem, was tatsächlich erreicht worden ist, zu analysieren. Daran wird klar, dass es keine Qualität der ärztlichen oder pflegerischen Handlungen an sich gibt, sondern immer nur im Hinblick auf die Ziele, die im einzelnen erreicht werden sollen. Qualität als wertender Begriff, ist abhängig von den Zielvorstellungen, die man mit ärztlichen und pflegerischen Handlungen verbindet.
In der Praxis wird die Qualität der Krankenversorgung nach den Maßnahmen zur ihrer Beurteilung und Sicherung instrumentell kategorisiert. Man unterscheidet drei Kategorien:
Die Qualität der ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen kommt primär in Behandlungs- und Pflegeergebnis, bezogen auf den Gesundheits- und Zufriedenheitszustand des Patienten zum Ausdruck. Daher ist dieses Merkmalsbündel primärer Beurteilungsmaßstab dafür, ob eine Leistung qualitativ gut oder schlecht ist. Ein wesentliches Problem besteht darin, dass sich weder das Ziel "Verbesserung des Gesundheitszustandes des Patienten" noch die IST-Ausprägung dieser Merkmale als Ausdruck für den Zielerreichungsgrad exakt definieren und in eindeutig messbaren Größen ausdrücken lassen. Daher ist die praktische Anwendung des so definierten Qualitätsmaßstabs sehr gering. Das gilt insbesondere für den Krankenhausbereich, wo sich der tatsächlich erzielte Behandlungserfolg meist erst lange Zeit nach Abschluss der Krankenhausbehandlung feststellen lässt.
Die prozessorientierte Qualitätsbeurteilung bezieht sich auf die Gesamtheit aller Aktivitäten, die zwischen den Ärzten, dem Personal im Pflege- und Funktionsbereich, der Einrichtung und Ausstattung, sowie dem Patienten ablaufen. Diesem Begriff liegt die Hypothese zugrunde, dass mit einem den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft sowie den Erfahrungen der ärztlichen und pflegerischen Berufspraxis entsprechenden Behandlungs- und Pflegeprozess (in Bezug auf Adäquanz, Relevanz und Zeitgerechtigkeit der Maßnahmen) ein hochwertiges Behandlungs- und Pflegeergebnis erzielt werden kann.
Strukturbezogene Qualitätsüberlegungen orientieren sich an dem "Merkmalsbündel" der behandelnden Ärzte, Pflegekräfte und deren Qualifikation, den sonstigen personellen und sachlichen Ressourcen, sowie an den organisatorischen und finanziellen Merkmalen, unter denen sich der Versorgungsprozess vollzieht. Diesem Qualitätsbegriff liegt die Hypothese zugrunde, dass quantitativ und qualitativ ausreichendes Personal, sowie eine hochwertige und leistungsfähige technische Einrichtung und Ausstattung in Verbindung mit einer guten Organisation auch ein qualitativ hochwertiges, medizinisch-pflegerisches Leistungsgeschehen und somit ein qualifiziertes Behandlungsergebnis bewirken. Praktische Erfahrungen zeigen, dass diese Parameter die Versorgungsqualität im Gesundheitswesen nur gering beeinflussen. Außerdem sind sie ein schwerfälliges Steuerungsinstrument, da Änderungen im Bereich der technischen Einrichtung und Ausstattung sowie in der Qualifikation von Personal jahrelange Umsetzungszeiträume verlangen.
In der Praxis ist die Mehrzahl der Maßnahmen zur Beurteilung und Sicherung der Qualität der Krankenversorgung prozessorientiert und - soweit möglich - auch ergebnisorientiert. Den Informationen über die eingesetzten Ressourcen wird ergänzende Bedeutung zugemessen, d.h. sie werden im Einzelfall als Begründung für negative Abweichungen im Bereich der Ergebnis- oder Prozessqualität herangezogen.
Folgende Motive spielen für die Durchführung der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen eine entscheidende Rolle:
In der Bundesrepublik ist die Qualitätssicherung gesetzlich festgelegt. In der Berufsordnung für die deutschen Ärzte heißt es in § 11: "Der Arzt ist verpflichtet, die von der Ärztekammer eingeführten Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit durchzuführen." Im Sozialgesetzbuch V legen die §§ 135 - 139 die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen fest und zwar sowohl für die vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Versorgung als auch für die stationäre Versorgung.
In § 137 heißt es u.a. zur Qualitätssicherung in der stationären Versorgung: "Die zugelassenen Krankenhäuser sowie die Vorsorge und Rehabilitationseinrichtungen ... sind verpflichtet, sich an Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu beteiligen. Die Maßnahmen sind auf die Qualität der Behandlung, der Versorgungsabläufe und der Behandlungsergebnisse zu erstrekken. Sie sind so zu gestalten, dass vergleichende Prüfungen ermöglicht werden." (Man beachte, dass Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität einzeln aufgeführt sind).
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Verordnungen und Vorschriften für die konkrete Durchführung in einzelnen Bereichen der Gesundheitsversorgung. Für die klinisch-chemischen Laboratorien gelten z.B. die "Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien".
Das folgende Bild zeigt schematisch die Vorgehensweise bei der Qualitätssicherung im Krankenhaus (Qualitätsmonitoring). Dabei unterscheidet man zwei Wege: oben die regelmäßige Kontrolle von Qualitäts-Merkmalen (Qualitäts-Indikatoren), unten die Kontrolle durch spontane Meldung von Negativergebnissen.
Qualitäts-Indikatoren sind Merkmale, an Hand deren Ausprägungen man zwischen guter und schlechter Qualität unterscheiden kann. Unter einer Norm versteht man die durchschnittliche Ausprägung eines Indikators. Ein Referenzbereich wird durch Ausprägungen eines Indikators festgelegt, die mit guter Qualität in Verbindung gebracht werden können. Leitlinien für den realen Prozess und/oder das reale Ergebnis unter Benutzung von Qualitäts-Indikatoren bezeichnet man als Standard.
Beispiel:
Qualitätsindikator (Ergebnis-Indikator) | Wundinfektionsrate = (Anzahl operierter Patienten mit Wundinfektion in einem definierten Zeitraum)/(Anzahl aller operierter Patienten in einem definierten Zeitraum) z.B. 12/245*100=4,9% |
Norm | 5% |
Referenzbereich | 0 bis 4% |
Standard | Richtlinien zur Wundtoilette, zur Desinfektion der Räume usw. |
Für die regelmäßige Kontrolle eignen sich u.a. die Erfassung von:
Probleme werden erkannt durch den Vergleich der erhobenen Werte mit Standards. Spontane Berichte können aus dem Kreis des Personals, der Patienten, vom Krankenhausträger oder von den Kostenträgern kommen. Damit lassen sich z.B. Schwachstellen in der Ablauforganisation erkennen. Der Beobachtungs- und Dokumentationsaufwand ist geringer als bei regelmäßigen Kontrollen, da er sich auf ein Problem beschränkt. In beiden Fällen schließt sich die Problemanalyse an, in der versucht wird, die Gründe für die Probleme zu eruieren und daraus eine Problemlösung abzuleiten. Eine Bewertung (Evaluation) der durchgeführten Maßnahmen hat sowohl Auswirkungen auf die gewählte Problemlösung als auch auf das Monitoring.
Anhand dieses Schemas wird der Zusammenhang mit der medizinischen Dokumentation klar. Nur wenn die entsprechenden Merkmale (Qualitätsindikatoren) erfasst sind, lassen sich die Daten auswerten und entsprechende Schlüsse ziehen, d.h. in diesem Fall die Qualität ärztlicher und pflegerischer Maßnahmen beurteilen.
Die interne Qualitätssicherung wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch die externen Hilfestellungen (wie Problemlisten, Vergleichsdaten oder Standards) einbezieht. Die Einrichtung von interdisziplinären Qualitätssicherungskommissionen in den Krankenhäusern wird empfohlen. Sie sollten u.a. folgende Aufgaben wahrnehmen:
Bundesweite Qualitätssicherung
Die Krankenhäuser in Deutschland müssen für eine Reihe von Leistungsbereichen (operative und diagnostische Maßnahmen) eine Qualitätssicherung durchführen, indem sie vorgegebene Qualitätsindikatoren erfassen und an die jeweiligen Landesgeschäftsstellen für Qualitätssicherung übermitteln. Die Daten werden zentral ausgewertet und die Ergebnisse in Form von Klinikprofilen und Gesamtstatistiken zurückgemeldet. Damit haben die Krankenhäuser die Möglichkeit, ihre Leistungen (gemessen an den erfassten Qualitätsindikatoren) über die Zeit und im Vergleich mit anderen Krankenhäusern zu beurteilen.
Für die Qualitätssicherung im klinisch-chemischen Labor gilt die "Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen". Die Laboruntersuchung (Analyse) ist nur ein Schritt bei der Erhebung eines ärztlichen Befundes. Die vier Teilschritte sind:
Die Richtlinien beziehen sich auf quantitative Merkmale, die hier Messgrößen genannt werden und aus drei Komponenten bestehen: dem System, dem Analyt und der Größenart.
Beispiele für Messgrößen:System | Analyt | Größenart |
Serum | Kalium | Stoffmengenkonzentration |
Liquor | Gesamtprotein | Massenkonzentration |
Ziel der Analyse ist eine möglichst genaue Näherung (gemessener Wert) an den "wahren" Wert. Die Näherung wird gekennzeichnet durch:
Für jede Messgröße gibt es eine Referenzmethode, die einen Standardwert liefert. Die Abweichung dieses Wertes vom "wahren" Wert kann im Hinblick auf die medizinischen Erfordernisse vernachlässigt werden. Referenzmethoden sind i.a. sehr aufwendig und für die Routine nicht geeignet.
Die Qualitätssicherung umfasst die laborinterne Präzisions- und Richtigkeitskontrolle und die externe Richtigkeitskontrolle in Form von Ringversuchen.
In der folgenden Tabelle sind die Eigenschaften der beiden Arten der laborinternen Qualitätskontrolle gegenübergestellt:
Präzisionskontrolle | Richtigkeitskontrolle | |
Kontrollprobe | Mehrfache Analyse einer Präzisionskontrollprobe mit Konzentration an der häufigsten Entscheidungsgrenze | Analyse jeweils einer Kontrollprobe von vielen verschiedenen Richtigkeitskontrollproben mit Referenzmethodenwerten im Normalbereich und im pathologischen Bereich |
Statistisches Instrument |
Kontrollkarte (Muster siehe unten) | Testbogen zur Prüfung der Richtigkeit |
Durchführung | offen, d.h. der Untersucher erkennt die Kontrollprobe und kennt deren Konzentration | blind, d.h. der Untersucher erkennt die Kontrollprobe, kennt aber nicht deren Konzentration |
Ziele |
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Bei Ringversuchen erhalten alle beteiligten Laboratorien Kontrollproben, deren wahre Werte mit Referenzmethoden bestimmt wurden und nur dem Ringversuchsleiter bekannt sind. Diese Proben werden analysiert und die Ergebnisse dem Ringversuchsleiter gemeldet. Er wertet die Ergebnisse aus und die beteiligten Laboratorien erhalten eine Übersicht, die folgende Werte enthält: Lageparameter und Bewertungsgrenzen der Proben, Lage- und Streuungsparameter der Messergebnisse aller Teilnehmer und die Anzahl der Teilnehmer. Falls die Messergebnisse innerhalb der Bewertungsgrenzen liegen, wird ein Zertifikat als Bestätigung der Zuverlässigkeit des Nachweises dieser Messgrößen ausgestellt. Es ist ein Jahr gültig.
Die Ringversuche werden im voraus angekündigt. Dazu werden die Termine, die eingeschlossenen Messgrößen, die Probenvolumina und die Anmeldetermine festgelegt. Die Teilnahme an mindestens zwei Ringversuchen im Jahr ist Pflicht.