22.04.2022

Internationaler Tag des Versuchstiers: Biomedizinische Forschung setzt auf bestmöglichen Tierschutz

Porträtfoto
© Oliver DietzeProfessor Veit Flockerzi, Vizepräsident für Forschung der Universität des Saarlandes

Auf den Einsatz von Tierversuchen kann die Wissenschaft in absehbarer Zeit nicht vollständig verzichten, sowohl in der Grundlagenforschung als auch bei der Entwicklung neuer Therapien. Auch die biomedizinische Forschung an der Universität des Saarlandes ist darauf angewiesen, Tierversuche durchzuführen. Deshalb setzt sich die Universität am 24. April, dem „internationalen Tag des Versuchstiers,“ besonders für transparente Informationen zu Tierversuchen in der Forschung ein.

Sie hat sich hierzu auch der bundesweiten „Initiative Transparente Tierversuche“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft angeschlossen.

An der Universität des Saarlandes erfahren Studierende der Medizin und der Biowissenschaften in Vorlesungen und Seminaren, unter welchen strengen Auflagen Tierversuche durchgeführt werden und welche Alternativen es für Tierversuche gibt. Den Forscherinnen und Forschern und sachkundigen Personen, die Tierversuche betreuen, bietet der universitäre Tierschutzausschuss in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz regelmäßige Fortbildungen zu den Themen Tierversuche und Tierschutz an. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltungen steht der verantwortungsvolle Umgang mit Versuchstieren. „Wir wollen die Bedürfnisse unserer hervorragenden biomedizinischen Forschung in Saarbrücken und Homburg mit dem bestmöglichen Tierschutz kombinieren. Die Folgen für die Tiere müssen ethisch gegen den medizinischen Fortschritt abgewogen werden und ihr Umfang muss möglichst geringgehalten werden“, betont Veit Flockerzi, Vizepräsident für Forschung der Universität des Saarlandes.

Die Grundlage für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Saar-Universität ist dabei das sogenannte 3R-Prinzip: „Ziel dabei ist es, Tierversuche zu vermeiden (‚Replace‘). Zudem soll die Zahl der Tiere in Versuchen auf ein notwendiges Minimum verringert (‚Reduce‘) und das Wohl der Tiere im Versuch ständig verbessert werden (‚Refine‘), das heißt zum Beispiel, dass die Haltung der Tiere kontinuierlich optimiert wird“, erläutert Vizepräsident Flockerzi. Um Tierversuche zu ersetzen, könne man zum Beispiel Organoide, also künstlich erzeugte organähnliche Mikrostrukturen, einsetzen oder auf sogenannte induzierbare pluripotente Stammzellen zurückgreifen, mit denen einzelne Körperzellen in Zellkulturen neu programmiert werden können.

„Wir wollen dieses ‚3R-Prinzip‘ künftig noch effektiver umsetzen, um vor allem vorhandene Ersatzmethoden für Tierversuche systematisch zu erfassen und Synergien zu nutzen, damit diese Alternativen verstärkt zum Einsatz kommen“, erklärt Professor Flockerzi. Dafür bereiten die Universität des Saarlandes und außeruniversitäre Partner derzeit die gemeinsame „3R-Plattform Saar“ vor. „Ziel dieser strategischen Zusammenarbeit ist, kompetent auf das ‚Wie‘ und ‚Warum‘ von Tierversuchen aufmerksam zu machen, gemeinsam den Tierschutz bestmöglich umzusetzen und Innovationen bei den Alternativen zum Tierversuch schnell in die Praxis zu bringen“, unterstricht der Vizepräsident für Forschung.

Am 27. April wird das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes zudem erstmals den saarländischen Forschungspreis „Alternativen zu Tierversuchen 2022“ vergeben. Dieser wird im Rahmen des „Homburger Kolloquium – Versuchstierkunde und Tierschutz“ virtuell vergeben. Hier finden Sie das Programm der Preisverleihung, bei dem alle acht Bewerberinnen und Bewerber ihre Projekte in einem Kurzvortrag vorstellen.

Fakten zu Tierversuchen im Saarland:

  • Insgesamt wurden im Saarland seit dem Jahr 2014 jährlich im Durchschnitt 25.000 Versuchstiere eingesetzt.
  • Von den im Jahr 2020 eingesetzten 24.429 Tieren waren 23.331 (96 Prozent) Mäuse, 921 (3,8 Prozent) Ratten, 63 (0,3 Prozent) Kaninchen sowie 23 (<0,1 Prozent) Schweine und andere Nutztiere.
  • Knapp die Hälfte der Tiere (10.810 oder 44 Prozent) wurden nicht für Tierversuche verwendet, sondern getötet, um an ihren Organen und Zellen zu forschen.
  • Die meisten Tierversuche wurden 2020 in der Grundlagenforschung vorgenommen (38 Prozent), etwas weniger in der translationalen und angewandten Forschung (15 Prozent) sowie zur Erhaltungszucht genetisch veränderter Tierkolonien (2,6 Prozent) und zur Aus-, Fort- und Weiterbildung (0,4 Prozent).
  • So genannte regulatorische, d. h. gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche wie Qualitätskontrollen, Giftigkeitsprüfungen etc. wurden an der Universität des Saarlandes nicht durchgeführt.

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