17.07.2023

Vortrag: "Poetik des katastrophischen Wetters bei Wilhelm Raabe"

Öffentlicher Vortrag von Laura Isengard (Universität Hamburg, Neuere deutsche Literaturwissenschaft) zum Abschluss der literaturwissenschaftlichen Ringvorlesung „Wildes Wetter! – Wetterbeobachtung, Meteorologie, Klimawandel in der Literatur“ am Montag, 17. Juli, um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses St. Johann.

Abschlussvortrag: "Poetik des katastrophischen Wetters bei Wilhelm Raabe"
Laura Isengard M. A. (Universität Hamburg, Neuere deutsche Literaturwissenschaft) 

Unter dem Druck von Empirisierung und Experimentalisierung stellt das Wetter im 19. Jahrhundert einen epistemologisch unsicheren Bereich dar. Die meteorologischen Zeichen erweisen sich als instabil und mehrdeutig, sie öffnen sich für Zuschreibungen unterschiedlicher Art. Polyvalenz, Variabilität und Subjektivität der Wetterphänomene jedoch stellen nicht nur eine Herausforderung für eine Epistemologie des Objektiven, sondern auch für das Selbstverständnis des sogenannten Poetischen Realismus dar. Anhand der beiden Erzählungen Wilhelm Raabes Zum wilden Mann (1874) und Frau Salome (1875) soll eine Poetik des Wetters skizziert werden, die sich zunehmend ins Katastrophische verkehrt. Die Unsicherheit, die vom Wetter ausgeht, macht die erzählten meteorologischen Phänomene nicht nur auf der inhaltlichen Ebene zur latenten Gefahr. Die meteorologische Ambivalenz ergreift zugleich die Erzählstruktur selbst und droht katastrophisch das realistische Phantasma einer objektiv gültigen und semantisch eindeutigen Wirklichkeitserfassung im Medium der Dichtung zu zersetzen.

Die Vorlesung wird - wie alle Vorträge der Reihe - hier nachzuhören sein: https://podcasters.spotify.com/pod/show/literaturarchivsaarlorlux

Die Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung steht in diesem Sommersemester unter dem Titel „Wildes Wetter! – Wetterbeobachtung, Meteorologie, Klimawandel in der Literatur“. Sie ist eine Einladung, das Thema in seiner literaturgeschichtlichen Vielfalt als Topos wie als Motiv zu betrachten und die ästhetische beziehungsweise poetologische Relevanz meteorologischer Phänomene vom Mittelalter bis in die Gegenwart zu beleuchten. - Nicht erst die Folgen des Klimawandels haben Wetter und Klima zu einem Gegenstand literarischer Darstellung gemacht. Seit Homer erzählt die Literatur von Regen und Sonnenschein, von Stürmen und Gewittern, von Eis und Schnee; und wesentlich haben Darstellungen von meteorologischen Erscheinungen oder besonderen Wetterlagen eine metaphorische Dimension.

Die Vorträge finden immer montags um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses St. Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken statt. Sie dauern in der Regel eine Stunde. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit den Referentinnen und Referenten ins Gespräch zu kommen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, der Eintritt ist frei. Die Reihe wird von der Universität des Saarlandes und dem Kulturamt der Stadt Saarbrücken organisiert. 

Alle Terminewww.uni-saarland.de/forschen/literaturarchiv/veranstaltungen/ringvorlesungen.html 

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Sikander Singh
Fachrichtung Germanistik
Leiter des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass
Tel.: 0681 302-3327
E-Mail: s.singh(at)sulb.uni-saarland.de
https://www.uni-saarland.de/literaturarchiv