Kindersoldaten
Eine Globalgeschichte von Staat, Krieg und Kindheit, 1766-1999
Kindersoldaten gibt es, seit es Kriege gibt. Von der Antike bis zur Gegenwart finden sie sich in allen Epochen und auf allen Kontinenten. Dabei erforderte die Rekrutierung von Kindern über Jahrhunderte weder eine Begründung noch eine Rechtfertigung. Erst ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert wurde der Militärdienst an eine feste Altersgrenze gekoppelt und die militärische Ausbildung von Kindern altersgemäß reglementiert. Die Problematisierung und kritische Auseinandersetzung mit Kindersoldaten setzte erst am Ende des 19. Jahrhunderts ein und die heute so geläufige Skandalisierung von Kindersoldaten begann nicht vor den 1980er Jahren. Von nun an avancierten Kindersoldaten zum Symbol für die skrupellose Instrumentalisierung besonders schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen, für die Eskalation von Gewalt und die Brutalisierung von Gesellschaften sowie für die Auswüchse globaler Machtasymmetrien, die zunehmend auch die schwächsten und verwundbarsten Mitglieder einer Gesellschaft – eben ihre Kinder – bedrohten.
Von diesem Befund ausgehend untersucht das Forschungsprojekt die Reglementierung, Problematisierung und Skandalisierung von Kindersoldaten. Dabei geht es gerade nicht darum, gängige Muster moralischer Empörung zu reproduzieren. Vielmehr gilt es, den Umgang mit Kindersoldaten in langfristige Entwicklungsprozesse einzuordnen und konsequent zu historisieren. Denn dieser war Teil sich grundlegend verändernder Bedeutungszuschreibungen von Staat, Krieg und Kindheit.
Das Ziel des Projekts besteht darin, die aktuellen Debatten zu Kindersoldaten um eine epochenübergreifende, globalhistorische Perspektive zu erweitern. Dadurch sollen Gesetzmäßigkeiten der Rekrutierung, der politischen Instrumentalisierung und der öffentlichen Darstellung von Kindersoldaten deutlich werden, um so zu aktuellen Versuchen, Kinder vor Krieg und Gewalt zu schützen, beizutragen. Untersucht werden sich wandelnde Zuschreibungen von Kindersoldaten zwischen staatlichem Schutzauftrag, militärischen Erfordernissen und sich ausdifferenzierenden Vorstellungen von Kindheit.