Skalierungs- und Transfereffekte in reaktiven Materialien - Numerische Simulationen der selbstfortschreitenden Reaktionen intermetallischer Multilagen

Ansprechpartner

Projektträger

DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft 
Projektnummer: JU 2962/9-1

 

Kooperationen

Dr. Jörg Pezoldt, Technische Universität Ilmenau, Institut für Mikro- und Nanoelektronik, Fachgebiet Nanotechnologie

Projektbeschreibung

In dem breiten Spektrum exothermer Phasenbildung zwischen Metallen nehmen die so genannten selbstfortschreitenden Reaktionen eine besondere Stellung ein. Ihr herausgehendes Merkmal ist die Fähigkeit, Reaktionswärme auf zeitlicher und räumlicher Ebene freizusetzen. Dies ermöglicht es, die Reaktion nach einer lokalen Zündung aufrechtzuerhalten und zu propagieren. Hierbei reagieren die Komponenten einer reaktiven Mehrlagenschicht zu einer Legierung und können ähnlich einem intelligenten Schweißprozess zum Fügen von Bauteilen verwendet werden. Da die Reaktion durch Wärme- und Stofftransport gesteuert wird, spielt die Anordnung der Reaktanden eine entscheidende Rolle für ihre Eigenschaften.

Ziel dieses Projektes ist es, grundlegende Regeln und Gesetzmäßigkeiten zur Kontrolle oder Verlangsamung des Ablaufs der Reaktion und der Phasenbildung durch zwei- und dreidimensionale Strukturierung der reaktiven Mehrlagenschichtsysteme aus Nickel und Aluminium zu erforschen. Der Einfluss der lateralen Dimensionen, der räumlichen Anordnung und der geometrischen Form der strukturierten Elemente der reaktiven Mehrlagenschichtsysteme auf das Zündverhalten, die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Reaktionsfront und die Phasenbildung wird untersucht. Bei flachen binären reaktiven Mehrlagenschichtsystemen mit unendlicher Abmessung sind die wichtigsten Parameter, die die Reaktionsgeschwindigkeit steuern, die Materialkombinationen, die Multilagedicke sowie die Dicke der einzelnen Schichten und ihrer Mikrostrukturen. Die auftretenden Eigenspannungen, die für eine zuverlässige Auslegung zukünftiger Geräte entscheidend sind, werden durch thermomechanisch gekoppelte numerische Simulationen und Parameteridentifikation durch inverse Modellierung identifiziert. Hierbei müssen thermomechanisch gekoppelte Simulationen mit periodischen Randbedingungen für unterschiedliche Geometrien der reaktiven Mehrlagenschichten durchgeführt werden. Die Identifikation der notwendigen mechanischen und thermischen Modellparameter erfolgt durch Abgleich der simulierten Daten mit experimentellen Daten der Projektpartnerinnen und Projektpartner mittels einer Parameteridentifikation über inverse Rechnung.
Zu diesem Zweck ist das Projekt in vier Hauptabschnitte unterteilt.

1- Entwicklung und Analyse des zweiphasigen Mikromodells:
Die thermischen und mechanischen Materialeigenschaften von Nickel und Aluminium vor Beginn der Selbstfortschreitendenreaktion werden homogenisiert, um den Berechnungsaufwand der numerischen Simulationen erheblich reduzieren zu können. Die mechanischen Materialparameter für die Reaktivfolie nach Beginn der selbstfortschreitenden Reaktion werden durch inverse Berechnungen im Vergleich zu den realen experimentellen Versuchen unter Verwendung der FE-Software Abaqus® in Verbindung mit der Matlab®-Toolbox ermittelt. 

2- Modellierung des Legierungseffekts beim Reaktionsfortschritt:
Das Legieren der Reaktionsfolie nach Beginn der selbstfortschreitenden Reaktion ist in Realität eine chemische Reaktion, die zur Änderung der thermomechanischen Eigenschaften der Multilagen aus Nickel und Aluminium führt. Die zeitabhängige Änderung der Materialdefinition wird durch die Finite-Elemente-Analyse des Mikromodells von den homogenisierten Multilagen vor Beginn der Reaktion zu einem homogenen Legierungsmaterial nach der vollständigen exothermen Reaktion modelliert. Zusätzliche experimentelle Versuche, die parallel durchgeführt werden, helfen bei der Validierung der Ergebnisse aus den numerischen Simulationen.

3- Modellierung der Ausbreitung der Reaktionsfront:
Die kalibrierten mechanischen und thermischen Materialeigenschaften des zweiphasigen Mikromodells werden zur Simulation der Temperaturentwicklung und der lokalen Temperaturverteilung sowie zur Identifizierung thermisch induzierter innerer Spannungen verwendet. Die Ergebnisse der Simulationen werden mit experimentellen Daten kalibriert.

4- Modellierung der Form- und Größeneinflüsse und deren Einfluss auf die Ausbreitungsfront:
Anhand des vorgestellten Simulationsverfahrens können die Einflüsse unterschiedlicher Formen, Größen und Anordnung der Ausgangsstoffe der reaktiven Materialien auf die Ausbreitungsfront untersucht werden, siehe Abbildung 3. Diese Untersuchungen können schließlich dazu benutzt werden, die optimalen Umgebungs- und geometrischen Bedingungen für die Konstruktion und die Herstellung der Nickel- und Aluminiummultilagen zu finden.

Publikationen dieses Projekts