24.06.2021

Müll im Meer: Wo kommt nur das Plastik her? Wanderausstellung macht Station an Saar-Universität

Multi-Touch-Tische und Schautafeln sind die zentralen Elemente der Ausstellung über Mikroplastik im Meer, die noch bis Ende Juli an der Universität des Saarlandes Station macht. Initiiert hat sie das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW).
© Sascha KeßlerMulti-Touch-Tische und Schautafeln sind die zentralen Elemente der Ausstellung über Mikroplastik im Meer, die noch bis Ende Juli an der Universität des Saarlandes Station macht. Initiiert hat sie das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW).

Plastik, insbesondere auch Mikroplastik, ist in der Umwelt mittlerweile allgegenwärtig, auch im Meer. Wie es dorthin gelangt, durchaus auch aus küstenfernen Regionen, das haben Meeresforscher und Meeresforscherinnen vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) untersucht und die Ergebnisse nicht nur als diverse Paper veröffentlicht, sondern auch eine Wanderausstellung dazu entworfen. Diese macht nun bis 31. Juli auch Station an der Saar-Universität.

Oft ist es ist ein weiter Weg, den Plastik zurücklegt, bis es im Meer landet. Was irgendwo als Verpackung in die Umwelt gelangt, zerfällt im Lauf der Zeit zu immer kleineren Partikeln, die auf den verschiedensten Wasserwegen transportiert werden, um sich dann, mitunter recht weit vom Ursprungsort entfernt, als Mikroplastik – das sind Partikel kleiner als 5 Millimeter – wiederzufinden. Ein potenzieller durchgängiger Wasserweg für den Transport solcher Partikel aus dem Saarland ins Meer könnte beispielsweise über die Saar und den Rhein führen. Aber lassen sich solche Wege nachvollziehen? Und wie kann man so etwas überhaupt erforschen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Wanderausstellung, die jetzt in der NTNM-Bibliothek im Rahmen der Aktion #MeerWissen an der Saar-Universität gezeigt wird.

Konzipiert wurde die Ausstellung „Bunt – Klein – Überall. Mikroplastik vom Fluss ins Meer“ von einer Forschergruppe um Prof. Matthias Labrenz vom Leibniz-Institut Ostseeforschung Warnemünde (IOW) im Rahmen des Projekts MicroCatch_Balt. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Forschung für Nachhaltigkeit (FONA) geförderten Projekt wurden die Quellen und Senken für Mikroplastik sowie relevante Verbreitungswege beispielhaft am Einzugsgebiet des Ostsee-Zuflusses Warnow erforscht. Die Ergebnisse sind nun auf insgesamt sechs Postern und einem interaktiven Multi-Touch-Tisch für Besucher und Besucherinnen dargestellt. Zum einen gibt die Ausstellung einen allgemeinen Überblick darüber, wie aus Makroplastik schließlich Mikroplastik wird, und beleuchtet die Problematik dieser nicht abbaubaren Substanzen, die sich nie mehr aus der Umwelt entfernen lassen. Welche Herausforderung es ist, den Weg des Plastiks vom Landesinneren über Flüsse bis zum Meer überhaupt nachzuvollziehen und wie man dazu bei der Probennahme und -verarbeitung sowie bei der Auswertung vorgehen muss, das veranschaulicht insbesondere der Multi-Touch-Tisch, bei dem die IOW-Experten und Expertinnen als Avatare ihre Forschungsarbeiten kommentieren.

„Laut Studien nimmt jeder Mensch im Schnitt pro Woche etwa 5 g Plastik über die Nahrung, Wasser und Luft auf, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht“, sagte Elke Bubel, Leiterin der NTNM-Bibliothek, in ihrer Ansprache zur Eröffnung und unterstrich damit die Alltagsrelevanz des Themas Mikroplastik. Das Littering hat auch Konsequenzen für die Tierwelt. So ist Bubel in trauriger Erinnerung geblieben, wie ein Storchenpaar im Nachbardorf seine Küken mit herumliegendem Plastik fütterte und diese verhungerten.

Dr. Gerhard Wenz, emeritierter Professor für makromolekulare organische Chemie an der Saar-Universität, kennt sich aus seiner aktiven Zeit gut aus mit Plastik. Als Vorsitzender der Scientists for Future Saarland hält er häufig Vorträge zu dem Plastikproblem, „und so wurde ich vom Saulus zum Paulus“, sagt er. „Durchschnittlich 60 kg Plastik werden pro Kopf und Jahr produziert, rund 4 Prozent landen im Meer, jedes Jahr“, erklärte er in seinem Beitrag anlässlich der Ausstellungseröffnung. Ein Großteil des deutschen Plastikabfalls wird ins Ausland exportiert (Asien, Türkei), und auch dort kann es nicht verwertet werden, sondern landet größtenteils im Meer. „Ich will nicht alles Plastik verteufeln, aber es muss viel weniger von dem geben, was nur für wenige Stunden einen Nutzen erfüllt”, erzählte er weiter, womit es klar um Verpackungsmüll geht.

Dass das Thema Mikroplastik nicht nur in Küstengebieten eine große Relevanz hat, hat auch die Politik erkannt. Das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes unterstützte finanziell, dass die IOW-Ausstellung an der Saar-Uni gezeigt werden kann. „Man darf nicht vergessen, dass auch das Waschen von synthetischer Kleidung tagtäglich massiv viel Mikroplastik ins Abwasser bringt, das vom Klärwerk kaum bis gar nicht entfernt werden kann”, sagte Minister Reinhold Jost bei der Eröffnung. Im Übrigen müsse keiner sein Wasser, abgefüllt in Plastikflaschen, mühevoll nach Hause tragen, wo man doch direkt das Leitungswasser, das im Saarland eine hervorragende Qualität hat, genießen kann, so Jost weiter.

Live aus Warnemünde dazu geschaltet erklärte Dr. Sven Hille, einer der Ausstellungsmacher vom IOW, die Forschungsarbeit hinter der Ausstellung, wie die Probennahme vonstatten ging, und wie schwierig ein Auftrennen der Sedimente praktisch durchzuführen ist. „Auf Basis der Untersuchungen des IOW konnten wir abschätzen, dass jährlich 152 bis 291 Milliarden Partikel in einer Partikelgröße zwischen von 10 und 100 Mikrometer von der Warnow in die Ostsee gelangen“, so Hille. Um den Besuchenr und Besucherinnen den Reiz der interaktiven Ausstellung näher zu bringen, erklärte der IOW-Experte verschiedene Funktionen des Multi-Touch-Tisches, unter anderem, dass man sich anzeigen lassen kann, wie sich das Mikroplastik unter bestimmten Wind- und Strömungsbedingungen verhält.

Auch Universitätspräsident Manfred Schmitt war bei der Ausstellungseröffnung zugegen und war äußerst angetan von der Arbeit der NTNM-Bibliothek und den Akteuren von #MeerWissen rund um Dr. Kathrin Fuhrmann. „Ich freue mich, dass das Thema ökologische Nachhaltigkeit so viel Aufmerksamkeit an der Saar-Universität erhält”, sagte er.

Anlässlich der Wanderausstellung hat sich auch Alexandra Kireenko, Auszubildende Fachangestellte für Medien und Informationsdienste in der NTNM-Bibliothek, mit dem Thema Mikroplastik beschäftig. Auf mehreren Tischen stellt sie diverse Produkt-Exponate aus Bereichen wie Hygiene oder Kosmetik aus, die Mikroplastik enthalten. Diesen stellt sie dabei Produkte entgegen, die vorbildlicher in puncto Inhaltsstoffe und Verpackung konzipiert sind. So werden Besucher und Besucherinnen direkt Alternativen zu umweltschädlichen Produkten aufgezeigt.

Interessierte können beide Ausstellungen im Gebäude C6 2 (neben dem Physiktower) an Wochentagen zwischen 9 Uhr und 18 Uhr noch bis Ende Juli besuchen. Der Besuch ist kostenlos, für das Betreten des Gebäudes ist eine medizinische Maske notwendig.

Weitere Fotos unter: https://adobe.ly/2RQK08A