25.08.2021

Universitätsprofessor Helmut Karl Schmidt wird 80 Jahre alt

© Foto: privatProf. Dr. Helmut Karl Schmidt

Am 28. August kann der ehemalige wissenschaftlich-technische Leiter und geschäftsführende Direktor des Leibniz-Instituts für Neue Materialien Prof. Dr. Helmut Karl Schmidt in Saarbrücken seinen 80. Geburtstag begehen. 

1941 in Augsburg geboren, studierte er – als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes – an der Technischen Universität München Chemie und Chemie-Ingenieurwesen, promovierte 1973 mit dem Thema Heterogene Katalyse mit Philipps-Katalysatoren und trat anschließend eine Postdoc-Stelle an der Freien Universität Berlin an. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Northwestern University (Evanston, Illinois, USA) wechselte er 1975 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Fraunhofer-Institut für Silicat-Forschung in Würzburg (ISC), das er durch wegweisende anwendungsorientierte Neuentwicklungen von anorganisch-organischen Sol-Gel-Werkstoffen prägte. 1986 wurde er zum Direktor des Instituts und zum Mitglied des Senats der Fraunhofer-Gesellschaft berufen. 

1989 habilitierte sich Helmut Karl Schmidt an der Universität Würzburg im Fachbereich Anorganische Chemie. Ferner gründete und leitete er das Technische Komitee 16 der „International Commission on Glass“ (ICG), aus dem später die renommierte internationale „Society of Sol-Gel Science and Technology“ hervorging, sowie mit Prof. Dr. Günther Frischat das Forum Glas der Deutschen Glastechnischen Gesellschaft. Weitere Forschungsaufenthalte führten ihn an das MIT (Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, USA) und an das Institut d’Ioniques et d’Électrochimie du Solides an der Université de Grenoble. 

1990 nahm er den Ruf zum ordentlichen Professor an der Universität des Saarlandes an, verbunden mit der Position des geschäftsführenden Direktors und Wissenschaftlichen Leiters der „Institut für Neue Materialien gem. GmbH“ (INM) in Saarbrücken (Als Gesellschafter sind seit 1991 die Universität des Saarlandes mit 51 Prozent beteiligt, das Saarland mit 49 Prozent). Explizite Aufgabe des Instituts war es, neue Technologien in die Anwendung zu führen, um die Wirtschaftsstruktur des Saarlandes zu stärken. Als Pionier der chemischen Nanotechnologie für Oberflächenwerkstoffe baute Prof. Schmidt auf der Basis dieser Technologie das Institut mit zuletzt rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu einer international renommierten Einrichtung aus – insbesondere auch durch Projekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Materialforschungsprogramme der EU und der Industrie finanziert wurden. 

Aufgrund der in kurzer Zeit erlangten überregionalen Bedeutung des Instituts und seines Konzepts zur Umsetzung von F&E-Ergebnissen wurde das Institut durch den Wissenschaftsrat schon 1993 zur Aufnahme in die Wissenschaftsgemeinschaft „Blaue Liste“ (die spätere Leibniz- Gemeinschaft) empfohlen und nach einem langen „Aufrückprozess“ 1999 in die Bund-Länder-Finanzierung aufgenommen. 2003 erfolgte dann die Umfirmierung in „Leibniz-Institut für Neue Materialien“. 

Ein Meilenstein in der Geschichte des Instituts war die Akquisition der Mittel für das Anwenderzentrum NMO (Neue Materialien für die Oberflächentechnik). Mit der dort möglichen Pilot-Technologie wurden die neu entwickelten Sol-Gel-Oberflächentechniken auf einer Fläche von 3.500 m² für die spätere Produktion weiterentwickelt. Damit konnte die INM-Strategie „von der Forschung zum Produkt“ umgesetzt werden, was in kurzer Zeit zu neuen Industrieproduktionen führte, die eine weltweite Anerkennung des Konzepts brachten. 

Das erfolgreich umfangreiche Drittmittel akquirierende Institut pflegte vielfältige internationale Kooperationen und entwickelte zahlreiche Innovationen im Bereich der Medizin und Umwelttechnik, im Automobilbau, der Optik oder Bautechnik. So förderte das INM den Technologietransfer und den Strukturwandel sowie auch die Gründung elf neuer Unternehmen. Des Weiteren mitbegründete und koordinierte das Institut zusammen mit der Universität Tübingen unter anderem das Deutsche Kompetenzzentrum für chemische Nanotechnologien (CC NanoChem). 

Am Ende seiner Dienstzeit im August 2005 ehrte die International Society of Sol-Gel Science and Technology Prof. Schmidt mit der erstmaligen Vergabe des „Life Time Award“. Außerdem ist er unter anderem Träger des George W. Morey Award of the Glass and Optical Materials Division of the American Ceramic Society und Fellow der American Ceramic Society. 

Das wissenschaftliche Œuvre des Jubilars, der zahlreichen nationalen und internationalen Fachgesellschaften angehört und 100 Dissertationen und Master-Arbeiten betreut hat, umfasst unter anderem rund 400 Publikationen und 150 Patentfamilien. Neben dem wissenschaftlichen Werk ist gleichermaßen der technologische Umsetzungserfolg hervorzuheben. So sind aus rund 400 Projekten unter Einbindung von Industriepartnern an die 100 erfolgreiche Umsetzungen in Produkte hervorgegangen, die heute noch am Markt sind, darunter eisenpartikelbasierte Werkstoffe für die Tumortherapie, Trennsysteme für HIV- und Hepatitis-Analyse oder unzählige Hartbeschichtungen. 

Nach seiner Tätigkeit am Saarbrücker Institut gründete und leitete der Jubilar als Geschäftsführender und als Technischer Direktor bis 2011 zunächst in Zweibrücken und später in Henriville (Lothringen) die „Engineered Nano Products Germany“ und errichtete dann in Saarbrücken die HSM TechConsult GmbH, die auf Beratung, Produktentwicklung und auf Innovations-Management für neue Oberflächentechniken mit Sol-Gel und chemischen Nanotechnologie-Prozessen ausgerichtet ist. Hierzu steht der HSM ein nationales und internationales Partnernetzwerk für die technische Umsetzung zur Verfügung. Derzeitiger Aktivitätsschwerpunkt ist Fernost. Beispiele für technische Entwicklungen sind Oberflächen-Multi-Funktionswerkstoffe und hocheffiziente flexible Barriereschichten. 

Dr. Wolfgang Müller, Universitätsarchiv