Wissenschaftlerin kocht Ursuppe

Wissenschaftlerin kocht Ursuppe


Eva Wollrab ist der Entstehung des Lebens auf der Spur – simulierte Erdatmosphäre vor vier Milliarden Jahren

 

Die Frage nach dem Ursprung des Lebens ist eine Grundfrage der Menschheit. Eine Saarbrücker Physikerin versucht, dem Geheimnis auf die Schliche zu kommen. Dafür simuliert sie die so genannte Ursuppe im Labor.


Von Gerhild Sieber

 

 
Die Apparatur aus Glaskolben, Elektroden, Kühlspirale und Glaszylinder hinter der Schutzscheibe wirkt unspektakulär. Doch das Experiment, das Eva Wollrab im Physik-Labor der Saar-Uni in Gang gesetzt hat, ist alles andere als gewöhnlich. Aufmerksam verfolgt die Physikerin, wie die bräunliche Brühe im Glaszylinder zu brodeln beginnt. „Das ist meine Ursuppe“, sagt die 24-Jährige und erklärt: „Mein Experiment simuliert die Urerde vor rund vier Milliarden Jahren. Damals gab es eine Atmosphäre aus giftigen Gasen, jede Menge Blitze und Regenfälle, die sofort verdampften.“

 

Diese Bedingungen hat sie in ihrem Versuch nachgestellt. Im abgeschlossenen Glassystem lässt sie ein Gemisch aus Wasserdampf und Gasen kochen. Methan, Ammoniak, Stickstoff und Wasserstoff als Grundbausteine des Lebens? Das dampfende Gebräu wird über zwei Elektroden geführt, an deren Spitze blaue Blitze züngeln – eine Simulation der Gewitter. Danach kondensiert die Flüssigkeit und gelangt als „Regen“ zurück in den Zylinder, wo alles von vorne beginnt.

 

Eva Wollrab, die aus Bonn stammt, hat zunächst in Berlin Biophysik studiert, bevor sie sich 2005 ins dritte Semester des deutsch-französischen Diplom-Studiengangs Physik an der Saar-Uni eingeschrieben hat, in dessen Rahmen sie auch ein Jahr lang in Nancy studierte. Auf die Auslandserfahrung ist sie stolz. Genau so wie auf ihr „Ursuppen-Experiment“, das sie gerade als Diplomarbeit abgegeben hat.

 

Was hat sie herausgefunden? „Erstaunlich viel“, freut sich Eva Wollrab. Eine Woche lang entnahm sie täglich Proben aus dem Gemisch. Dann wurde das System undicht und begann zu tropfen. „Wir haben Hinweise, dass bis dahin einige hundert Substanzen entstehen“, erläutert sie. Das hat sie durch Messung der Molekülmassen bestimmen können – und eine seltsame Übereinstimmung gefunden: „Die Häufigkeitsverteilung der Molekülmassen entspricht in etwa der Verteilung der Massen der bekannten organischen Moleküle.“

 

Im Gegensatz zu dem „Ursuppen-Experiment“ von Stanley Miller und Harald Urey im Jahr 1953 in Chicago sei es ihr nicht so sehr darum gegangen herauszufinden, welche organischen Moleküle entstanden sind, erläutert die Physikerin. Vielmehr sei sie an dem Prozess selbst interessiert: Was passiert wann? Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem sich im System nichts mehr verändert? Oder entstehen Produkte, die die Reaktionsabläufe im Glaszylinder weiter ankurbeln? „Leider bisher nicht“, sagt die junge Wissenschaftlerin.

 

Einen solchen sich selbst verstärkenden chemischen Prozess aufzuspüren, macht sie nun zum Thema ihrer Doktorarbeit. „Man nimmt an, dass sich im Laufe der Evolution ein Zyklus entwickelte, der so effektiv war, dass er die grundlegende Antriebsfeder für die Entstehung des Lebens wurde“, erläutert sie. Doch wieso entstehen in ihrer Versuchsanordnung immer wieder neue Stoffe? Und was passiert unter veränderten Versuchsbedingungen? „So viele spannende Fragen sind offen“, sagt Eva Wollrab und freut sich schon darauf, „nach Herzenslust forschen zu können“.

 

Auf einen Blick

 

Beim trinationalen Bachelor-Studiengang Physik können Studenten in drei Ländern studieren und erhalten Abschlüsse aller beteiligten Hochschulen. Sie starten in Nancy, setzen ihr Studium im zweiten Jahr in Luxemburg fort und wechseln im dritten Jahr nach Saarbrücken.

 

Die Inhalte sind aufeinander abgestimmt und ergänzen sich zu einem vollständigen Physik-Studium. Der Studiengang wurde in das Studienprogramm der Deutsch-Französischen-Hochschule aufgenommen. Dadurch erhalten alle Studenten in den Auslandsjahren eine monatliche Unterstützung von 250 Euro.

 

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