Die Suche nach dem Ausweg

Die Suche nach dem Ausweg


Projekt an der Universität des Saarlandes unterstützt Aids- und Tuberkuloseforscher aus aller Welt

Wer hierzulande an Afrika denkt, dem fällt als tödliche Krankheit Nummer eins meist Aids ein. Dass die meisten Aidskranken aber an Tuberkulose sterben, wissen nur wenige. Doch gerade hier liegt eine große Gefahr. Denn Tuberkulose hat bei einem Aidskranken viel leichteres Spiel, um auszubrechen. Das EU-Projekt Euco-Net, das von der Saar-Uni aus geleitet wird, soll Aids- und Tuberkuloseforscher unterstützen, gemeinsam gegen die Krankheiten vorzugehen.
 
Von Thorsten Mohr

„Tuberkulose ist die häufigste Todesursache bei Aids, und die Immunschwächekrankheit Aids wiederum trägt dazu bei, das sich die Tuberkulose wieder stark ausbreitet“, erklärt Claudia Giehl. Die Absolventin der Saar-Uni betreut von Seiten der Projektmanagement-Firma Eurice im Science Park am Saarbrücker Campus das EU-Projekt Euco-Net. Die Projektmanagerin unterstützt Aids- und Tuberkuloseforscher aus aller Welt, gemeinsame Forschungsschwerpunkte zu entwickeln. Virologen aus der Aidsforschung und Bakteriologen aus der Tuberkulose-Forschung hätten bisher wenig miteinander zu tun, obwohl beide Krankheiten im Alltag durchaus viel miteinander zu tun haben, erklärt Giehl. Von weltweit rund 40 Millionen HIV-Infizierten sind bereits elf Millionen auch mit der Lungenkrankheit Tuberkulose infiziert.

Diplom-Übersetzerin Claudia Giehl weiß: „Die Krankheiten sind vor allem in ärmeren Regionen wie Afrika, Russland und Indien ein Problem.“ Die Zustände in Südafrika lernte sie bereits selbst kennen. In Kapstadt war sie mit einem Filmteam unterwegs, um das Projekt Euco-Net filmisch zu dokumentieren. „Tuberkulose ist salonfähig. Aids ist aber nach wie vor ein Tabuthema“, sagt Claudia Giehl über die Akzeptanz der Krankheiten dort. Sie erzählt von einer Taxifahrerin, die ganz unbefangen darüber spricht, dass ihre Tochter zum dritten Mal gegen Tuberkulose behandelt werden muss. Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird aber klar, dass die Tochter ihre Medikamente nicht bis zum Ende der Therapie genommen hat. Der Zusammenhang zwischen dem abermaligen Ausbrechen der Krankheit und dem vorzeitigen Absetzen der Medikamente sei vielen Betroffenen nicht bewusst. „Alle haben in der Familie irgendwo Tuberkulose. Alle“, sagt sie mit Nachdruck. In den Armenvierteln ist die Krankheit Alltag.

Genau hier liegt die Gefahr auch für den Rest der Welt. Brechen in den Hochburgen von Aids und Tuberkulose die Menschen ihre Tuberkulose-Therapie vorzeitig ab, die bedeutet, sechs Monate lang jeden Tag mehrere Antibiotika zu nehmen, entwickeln die Erreger vielleicht Resistenzen gegen die Medikamente, die weltweit zum Einsatz kommen. Und dass Südafrika weit weg ist und die Krankheit für uns keine Gefahr ist, denken in Zeiten von Schweinegrippe und Co. nur noch leichtgläubige Zeitgenossen.

Ein knappes Drittel der Menschheit trägt den Tuberkulose-Erreger laut Weltgesundheitsorganisation in sich. „Daher ist eine globale Initiative nötig“, sagt Claudia Giehl über den Sinn des Projektes. Den Menschen in den betroffenen Ländern muss geholfen werden, und eine weltweite Renaissance der Krankheit muss verhindert werden.

Das bedeutet viel Aufklärungs- und vor allem Forschungsarbeit. „Es wäre schon ein wahnsinniger Fortschritt, wenn man in der Tuberkulosetherapie einen Monat lang Medikamente nehmen müsste statt sechs Monate“, erklärt sie ein mögliches Forschungsergebnis. Um ein solches Ziel zu erreichen, tauschen sich in Euco-Net weltweit 60 Experten aus – 30 HIV-Forscher und 30 Tuberkulose-Forscher. „Wenn wir alles organisieren, sind die sehr, sehr froh“, sagt Claudia Giehl über eine der Aufgaben von Eurice bei Euco-Net.

Claudia Giehl weiß, dass Eurice das Thema nicht exklusiv gebucht hat. „Wir sind nicht die Erfinder der Thematik Aids/Tuberkulose. Aber an der Resonanz, die wir erhalten, sehen wir, wie wichtig es ist, hier etwas zu unternehmen“, erklärt sie. Euco-Net wird Ende April 2010 auslaufen, aber schon jetzt sind aus dem Projekt heraus weitere Initiativen ins Leben gerufen worden, die auf den bisherigen Arbeiten aufbauen und entstandene Kontakte und Erkenntnisse nutzen.

 

Kontakt

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Campus Saarbrücken
Gebäude A2 3, Raum 2.01
66123 Saarbrücken
Tel.: 0681 302-2601
presse(at)uni-saarland.de

Web-Magazin "campus"

Reportagen, Interviews und Servicethemen rund um die Universität