Wie gut wollen wir sein?

Wie gut wollen wir sein?


Philosophie

Philosophie-Professorin Ulla Wessels forscht über das Gute in uns und den Sinn des Lebens

Die Idee, ein Buch über den Sinn des Lebens zu machen, war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee. Zumindest im Fall von Ulla Wessels. Die Philosophie-Professorin saß vor einigen Jahren einmal nach Feierabend mit Kollegen und Freunden in der Kneipe. „Wir hatten alle schon ein wenig zu viel getrunken, als die Idee aufkam, ein Buch über den Sinn des Lebens zu machen“, sagt die 44-Jährige, die seit April 2008 Praktische Philosophie an der Universität des Saarlandes lehrt. Am Ende steckten in dieser Schnapsidee mehrere Jahre Arbeit von mehreren Herausgebern.

Eine wirkliche Antwort auf diese große Frage können und wollen auch Ulla Wessels und ihre Kollegen nicht liefern. Aber sie denken darüber nach, was es mit der Frage nach dem Sinn des Lebens überhaupt auf sich hat, was sie bedeutet. Für manche ist die Frage nach dem Sinn des Lebens die, ob es sich zu leben lohnt; für andere ist ein Thema, ob uns in unserer Suche nach Orientierung geholfen wäre, wenn es einen Gott gäbe. „Mit einigen dieser Lesarten kommen wir weiter, mit anderen eher nicht“, meint Ulla Wessels.

Staubtrocken und bierernst beackern die Philosophen das Thema aber nicht. Neben der „seriösen“ Wissenschaft räumen die quirlige Professorin und ihre Kollegen denn auch der britischen Komikertruppe Monty Python, dem Hörspiel- und Buchautor Douglas Adams („Per Anhalter durch die Galaxis“) sowie Regisseur und Schauspieler Woody Allen Platz in ihrem Buch ein.

Für manche mag der Sinn des Lebens darin liegen, Gutes zu tun. Auch das ist ein Forschungsfeld von Ulla Wessels. „Wie gut wollen wir sein?“, lautete daher treffend der Titel ihrer Antrittsvorlesung im vergangenen Sommer. „Viele Menschen stellen sich diese Frage und hätten gerne Regeln, wie sie handeln sollen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Populäre Regeln wie beispielsweise die Pfadfinderregel „Vollbringe jeden Tag mindestens eine gute Tat“ halten, so Ulla Wessels, einer kritischen Untersuchung allerdings kaum stand. Mit Fragen wie „Kann man nicht auch jeden zweiten Tag zwei gute Taten vollbringen und zwischenzeitlich Pause machen? Oder reicht es beispielsweise, jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen, wenn man jeden Tag auch zehn schlechte Taten vollbringt?“, stellt sie die Pfadfinderregel infrage. Jeder müsse für sich entscheiden, wie viel Gutes er tun möchte. „Gutes zu tun heißt mitunter, die eigenen Interessen zugunsten der Interessen anderer zurückzustellen. Das kann anstrengend sein“, erklärt Professorin Ulla Wessels. Ein Beispiel kann sie aus ihrem eigenen Leben nennen: „Ich zum Beispiel kümmere mich um meine alten Eltern. Das ist nicht immer die reine Freude – und manchmal muss ich abwägen: zwischen der Erfüllung meiner eigenen Interessen und der Interessen meiner Eltern. Und dann stelle ich mir manchmal die Frage: Wie gut will ich sein?“

Fragen stellen, Antworten suchen: Manchem mag der Sinn dessen, was Philosophen tun, verborgen bleiben. Doch auch auf die Sinnfrage ihres eigenen Fachs hat Ulla Wessels eine pointierte Antwort. Wozu braucht man Philosophen? „Es ist doch ganz nett, jemanden im Haus zu haben, der sich mit den großen Menschheitsfragen ein wenig auskennt“, sagt sie schmunzelnd. „Oder jemanden, der systematisch über die Strukturen wissenschaftlicher Theorien und deren breitere Konsequenzen nachdenkt.“ So arbeiten die Philosophen unter anderem mit Naturwissenschaftlern zusammen und diskutieren mit Physikern über die Grundlagen der Quantenphysik und mit Medizinern über medizinethische Probleme.

Ihren Studenten gibt Ulla Wessels übrigens keine Verhaltensratschläge. „Ich verstehe mich nicht als jemand, der predigt, sondern als jemand, der Hilfestellung zum klaren Denken gibt“, sagt sie. Vielleicht führt diese Hilfestellung dazu, dass ein Student irgendwann in der Zukunft eine ebenso sinnreiche Schnapsidee entwickelt wie Ulla Wessels und ihre Kollegen seinerzeit in der Kneipe. moh

 

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