Forscherin auf unbetretenen Pfaden

Forscherin auf unbetretenen Pfaden


Jutta Engel untersucht die Funktionsweise des Innenohres – Bisher fast unbekanntes Gebiet
 
Auf der Weltkugel gibt es keine weißen Flecken mehr. Ganz im Gegenteil zum menschlichen Körper. Das Gehör beispielsweise ist noch so gut wie unerforscht. Wissenschaftler wie die Biophysikerin Jutta Engel wollen das ändern.
 
von Thorsten Mohr
 
Jutta Engel ist „zufällig ins Innenohr reingestolpert“, sagt sie. Nun muss niemand befürchten, die Begegnung mit der Wissenschaftlerin ende mit Ohrensausen. Denn die Professorin für Biophysik an der Saar-Uni erforscht die Funktionsweise des Innenohres. Bis 2009 tat sie das am Hörforschungszentrum der Uni Tübingen, seit Kurzem forscht sie am Institut für Biophysik in Homburg. Da sie sich vor ihrer Tübinger Zeit bereits mit der Signalgebung von Kalzium-Ionen bei Muskelzellen und Sinneszellen in der Nase beschäftigt hatte und dies auch am Tübinger Hörforschungszentrum gefragt war, forscht sie seit 1998 eben am Gehör, und zwar an dem von Mäusen. So zieht sie Rückschlüsse auf die Funktionsweise des menschlichen Innenohres.

Als Biophysikerin untersucht Jutta Engel die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, denen auch biologische Prozesse unterworfen sind. „Man kann beispielsweise Ströme von Ionen in eine Zelle messen. Daraus können wir Rückschlüsse auf die Informationsvermittlung zwischen den Zellen ziehen“, erklärt sie. Kürzlich identifizierte sie als Teil einer internationalen Forschergruppe ein Eiweißmolekül im Innenohr von Mäusen, das dafür verantwortlich ist, dass wir sowohl ganz leise als auch sehr laute Geräusche wahrnehmen.

Das menschliche Innenohr ist trotz solcher Entdeckungen noch ein weißer Fleck auf der Landkarte des menschlichen Körpers. „Wir wissen noch frustrierend wenig“, sagt Jutta Engel. Denn Taubheit ist nicht gleich Taubheit und Schwerhörigkeit nicht gleich Schwerhörigkeit. „Von 70 genetisch bedingten Krankheiten des Gehörs wissen wir nur bei dreien überhaupt, wie das menschliche Ohr dabei von innen aussieht“, erklärt sie. Dieses Wissen ist aber wichtig für das Verständnis der Krankheit und die Möglichkeit einer Therapie, die über Hörgeräte und Implantate hinaus geht. Insgesamt gibt es über 100 Hörstörungen und viele erworbene Krankheiten wie beispielsweise Schwerhörigkeit bei Menschen, die Lärm ausgesetzt sind. Unter keinen Sinnesstörungen leiden die Menschen so häufig wie unter Störungen des Gehörs.

Jutta Engel ist dennoch zuversichtlich. Auf einem Fachkongress in den USA erfuhr sie, dass es tatsächlich bald möglich sein könnte, Haarzellen zu regenerieren, zumindest die von Labortieren. Die Haarzellen geben im Innenohr den Schall an den Hörnerv weiter. Sterben sie ab, funktioniert die Schallverarbeitung nicht mehr, denn auf natürliche Weise regenerieren sie nicht. „ Wenn wir verstehen, wie das bei der Maus funktioniert, rückt die Regeneration beim Menschen näher“, so ihre Hoffnung.

Solche Fortschritte sind es, die Jutta Engel zusätzlich motivieren. Mit ihrem Bestreben, komplexe biologische Systeme zu verstehen, trägt sie ihren Teil dazu bei, dass es solche Erfolge weiter geben wird.

 

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