Allein unter vielen

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Mélissa Moussavou Mapaga, eine von rund 1700 Nicht-EU-Ausländern an der Uni, will in Deutschland bleiben, findet aber keinen Job

Die öffentlichen Klagen über den Fachkräftemangel nehmen kein Ende. Viele Ausländer haben große Schwierigkeiten, trotz Uniabschluss einen Job zu finden, besonders, wenn sie nicht aus der EU kommen. Eine von ihnen ist Mélissa Moussavou Mapaga aus Gabun. Die Übersetzerin möchte gerne hier bleiben, stößt aber auf bürokratische Hürden.


von Thorsten Mohr

Starr wie das Kaninchen vor der Schlange steht Deutschland vor einem Problem, und das heißt Fachkräftemangel. Der deutsche Arbeitsmarkt lechzt geradezu nach Akademikern. Auf der anderen Seite gibt es viele Hochschulabsolventen, die keinen Arbeitsplatz bekommen. So jemand ist auch Mélissa Charlène Moussavou Mapaga. Die 27-Jährige ist Übersetzerin für Deutsch und Französisch. Im Juli 2010 hat sie ihre Diplomarbeit abgegeben und bewirbt sich seitdem ununterbrochen. „Ich weiß gar nicht, wie viele Bewerbungen ich schon geschrieben habe“, erklärt die junge Frau aus dem zentralafrikanischen Gabun.

Es sind vor allem bürokratische Hürden, die besonders Ausländer, die nicht aus der Europäischen Union stammen, hindern. Mélissa Moussavou Mapaga hat beispielsweise überhaupt keine Möglichkeit, sich in Deutschland vereidigen zu lassen – für eine Übersetzerin ein großer Nachteil, denn sie können so nicht versichern, dass sie ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen gemacht haben. „Ich habe also keinen Stempel, wenn ich eine Übersetzung mache“, erklärt sie den Nachteil und fragt anschließend: „Aber wo sonst sollte ich mich denn vereidigen lassen mit einem deutschen Diplom als in Deutschland?“

Auch andere Auflagen, die Nicht-EU-Ausländer erfüllen müssen, sind hinderlich, wenn Absolventen wie Mélissa Moussavou Mapaga nach dem Studium gerne in Deutschland bleiben möchten. Nach dem Abschluss bleibt dem Arbeitssuchenden zum Beispiel ein Jahr, um eine Stelle zu finden, die seiner Qualifikation entspricht. Gelingt ihm das nicht, muss er laut deutschem Aufenthaltsgesetz Deutschland verlassen. Alternativen gibt es bisher nicht.

Arbeitnehmer und Arbeitssuchende seien sich darüber hinaus beide oft unsicher, was die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Anstellung betrifft, heißt es in einem Papier des saarländischen Wirtschafts- und Wissenschaftsministeriums, das sich das Thema Fachkräftemangel auf die Fahnen geschrieben hat. Sorgen und Unsicherheit führen „in vielen Fällen dazu, dass die Studenten – obwohl sie eigentlich in Deutschland leben und bleiben möchten – Arbeitsstellen in immigrationsoffeneren Ländern (insbesondere Kanada und Großbritannien) annehmen“, stellt das Ministerium fest.

Mit dem Gedanken, Deutschland den Rücken zu kehren, spielt auch Mélissa Moussavou Mapaga. „Man überlegt sich das eben. Wenn nicht hier, sind in anderen Ländern die Türen offen“, sagt sie. Sie sagt das nicht vorwurfsvoll, sondern eher traurig. „Wir Nicht-EU-Ausländer fühlen uns hier manchmal ein bisschen alleine gelassen“, schiebt sie hinterher. „Nach dem Motto: ‚Wir haben euch ausgebildet, jetzt schaut, wie ihr klarkommt'.“ Ihr Wissen und ihre Fertigkeiten will sie aber gerne auch in Deutschland weitergeben.

Dass sie trotz der Rückschläge bei den Bewerbungen noch nicht weg ist aus Deutschland, verdankt sie ihrer positiven Lebenseinstellung. „Ich habe Hoffnung, sonst wäre ich längst gegangen“, erklärt die Afrikanerin. „Woanders, in Kamerun oder Gabun, kann ich schnell etwas finden. Aber ich habe Deutschland immer gemocht, und mit der deutschen Sprache möchte ich arbeiten“, sagt die Diplomatentochter, die Deutschland schon als Kind kennengelernt hat.

Vielleicht fühlen sich Ausländer wie Mélissa Moussavou Mapaga bald nicht mehr so alleine gelassen. Denn das saarländische Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium möchte die gesetzlichen Hürden gerade für ausländische Fachkräfte niedriger setzen. Die Aufenthaltsdauer soll verlängert werden, die Einjahresfrist nach Ende des Studiums für die Stellensuche soll ausgeweitet werden, heißt es in dem Papier des Ministeriums. Es scheint also Bewegung ins Land zu kommen. Das Kaninchen löst seine Schreckstarre.

„Woanders kann ich schnell etwas finden. Aber ich habe Deutschland immer gemocht, und mit der deutschen Sprache möchte ich arbeiten.“

Mélissa Moussavou Mapaga, Übersetzerin

 

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