Reise durch die Zeiten Osteuropas

Reise durch die Zeiten Osteuropas

Gastprofessorin Ibolya Murber möchte Studenten die Kultur und Geschichte Ungarns vermitteln

Seit diesem Wintersemester lehrt die ungarische Professorin Ibolya Murber für ein Jahr an der Saar-Uni. Die 34-Jährige hat die Gastprofessur für den Europaschwerpunkt der Saar-Uni inne. Die Gastprofessur geht damit erstmals an eine Frau – und an ein osteuropäisches Land.

von Melanie Löw









Dass Ibolya Murber dieses Jahr als Gastprofessorin im Saarland verbringen wird, verdankt sie dem Zufall: „Die Ausschreibung habe ich zufällig gefunden und mich spontan beworben.“ Sie habe nie damit gerechnet, in die engere Auswahl zu kommen. Die Ungarin Murber freut sich nun über die Chance, ihr Heimatland deutschen Studenten näherzubringen. Gleichzeitig sieht sie das Jahr an der Saarbrücker Uni für sich als Herausforderung an. „Hier kann ich Erfahrungen über mich selber sammeln und sehen, wie ich mich in einem fremden Sprachraum behaupte“, erläutert die zierliche Frau mit leicht ungarischem Akzent. Ihre guten Deutschkenntnisse hat sich die promovierte Historikerin übrigens weitgehend selbst angeeignet: Während eines Erasmus-Stipendiums im österreichischen Vorarlberg hat sie Sprache und Kultur studieren können.

Die Historikerin, die an der Westungarischen Universität Sopron/Szombathely Dozentin für Zeitgeschichte ist und gleichzeitig am Lehrstuhl für Finno-Ugristik an der Universität Wien unterrichtet, ist neugierig auf die vor ihr liegenden Aufgaben. „Für mich wird es sicher spannend, den Alltag an einer Uni in Deutschland mit den Gepflogenheiten in Österreich und Ungarn zu vergleichen“, erläutert Murber. Vor allem in ihrem Heimatland Ungarn gelte der Dozent immer noch als große Autoritätsperson, der man keine Fragen stelle. Es sei daher meist schwer, in einem Seminar eine Diskussion zu entwickeln. „Ich hoffe, in Saarbrücken wird es zahlreiche Fragen meiner Studenten geben“, sagt Murber. „Denn es geht im Studium nicht nur um Ausbildung, sondern auch um Bildung, und da gehört auch kritisches Hinterfragen dazu.“

Während ihres einjährigen Aufenthalts an der Saar-Uni möchte Murber den Saarbrücker Studenten Einblicke in die ungarische Kultur geben: „Meist wissen die Menschen in westeuropäischen Ländern wenig über die Geschichte und Kultur ostmitteleuropäischer Länder. In meinen Vorlesungen und Seminaren werde ich versuchen, den Studenten einen Überblick über die ungarische Geschichte zu geben.“ Von der Habsburger Monarchie über die kommunistische Machtübernahme bis zum Fall des Eisernen Vorhangs wird sie die wichtigsten Ereignisse in den letzten Jahrhunderten in Ungarn behandeln. Darüber hinaus bietet sie noch eine Übung an, die näher auf die Geschichte der in Ungarn lebenden Juden eingeht und sich auch mit dem Antisemitismus befasst, der in Ungarn erst nach dem Ersten Weltkrieg aufkam. Kritisch wird sich die ungarische Wissenschaftlerin außerdem damit auseinandersetzen, wie der Antisemitismus, die deutschfreundliche Außenpolitik und der Faschismus Ungarns in Verbindung mit dem Dritten Reich standen und wie diese Epoche das heutige politische Leben in Ungarn beeinflusst. Neben den Veranstaltungen zur ungarischen Geschichte wird Ibolya Murber in diesem Wintersemester auch ein Literaturseminar halten.

Fest vorgenommen hat sich die Gastdozentin für den Aufenthalt im Saarland, die Großregion durch Ausflüge besser kennenzulernen. Darüber hinaus wird die Historikerin die Zeit an der Saar nutzen, um ihre Habilitationsschrift, die die ungarisch-österreichischen Beziehungen von den 1920er bis in die 1930er Jahre näher beleuchtet, fertig zu stellen. Damit das Heimweh sie in der ersten Zeit nicht zu sehr überkommt, hat die Ungarin vorgesorgt: Auf einem Tisch in ihrem Büro auf dem Saarbrücker Campus liegen leuchtend rote Äpfel, orangefarbene Zierkürbisse und violetter Lavendel – alles Mitbringsel aus eigenem Anbau, die sie an ihren Garten erinnern sollen. „In meinem Garten kann ich abschalten und genug Ruhe finden“, schwärmt die 34-Jährige von ihrem 120 Quadratmeter großen Rückzugsort, um den sich jetzt vor allem ihr Mann und ihr Onkel kümmern müssen.

 

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