Die vermeintliche Bürde, der Erste zu sein

Die vermeintliche Bürde, der Erste zu sein


Auch Studenten aus einfachen Verhältnissen müssen die Uni nicht scheuen, wie Doktorand Art Tevs beweist

Rund 80 Prozent der Kinder, die aus einem akademischen Haushalt kommen, schlagen nach dem Abi den Weg zur Uni ein. Kinder aus einfachen Verhältnissen studieren dagegen wesentlich seltener, so das Deutsche Studentenwerk. Art Tevs, Informatik-Doktorand der Saar-Uni, ist ein Beispiel.


VON JANA BURNIKEL

Für Art Tevs stand bereits in der Schule eines fest: Er will Informatik studieren. Für sein Studium suchte er sich die Universität des Saarlandes aus. Doch bis zum Studienabschluss war es noch ein steiniger Pfad: Nach einer abenteuerlichen Odyssee durch das saarländische Bildungssystem schaffte er zwar den Schritt von der Hauptschule über die Realschule zum Gymnasium. Eine Freikarte für ein Uni-Studium sicherte er sich dadurch aber noch nicht. Art Tevs Eltern sind keine Akademiker. Seine Mutter ist Hausfrau, sein Vater lernte Elektrotechniker.

In seinem Fall war das aber nie ein Problem. „Meine Eltern haben mir bei meinen Entscheidungen nie im Weg gestanden“, erzählt Art Tevs, der mit 14 aus Russland nach Deutschland kam. „Im Gegenteil: Sie haben mich motiviert. Das ist nicht selbstverständlich.“


Selbstständigkeit ist wichtig

Finanzielle Unterstützung gab es für ihn damals von Zuhause allerdings keine. „Schon als Schüler habe ich gearbeitet. An der Uni habe ich dann einen Hiwi-Job gemacht. Ich habe nicht auf Kosten meiner Eltern gelebt, sondern war selbstständig.“ Eine zusätzliche Geldspritze war für den Doktoranden das Studiendarlehen Bafög.

Als Art Tevs 2003 zum ersten Mal Campus-Luft schnupperte, sah er sich seinen Kommilitonen gegenüber als „Arbeiterkind“ nicht benachteiligt. Von den meisten kannte er ohnehin nicht die Familienhintergründe. „Trotzdem hat man bei einigen schon gemerkt, dass da einfach die Sicherheit durchs Elternhaus vorhanden war“, sagt der 27-Jährige.

Einzig der Übergang von der Schule zum Studium machte dem Doktoranden zu schaffen. Wurde man in der Schule sanft bei der Hand genommen und herumgeführt, forderte die Uni direkt Eigeninitiative und schnelles Erwachsenwerden. In welchem Gebäude ist der richtige Hörsaal? Wo kann man sich für Prüfungen anmelden? Tevs musste sich, genau wie alle anderen auch, von Anfang an selbst zurechtfinden, die Umstellung bewältigen.

Doch er hat alle Hürden erfolgreich gemeistert. Sein Studium schloss er in nur acht Semestern ab. Auf seinem Plan stehen derzeit Dissertation und Doktortitel. Außerdem plant er derzeit gemeinsam mit Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts die Gründung einer eigenen Firma, die sich mit der Aufbereitung von großen Datenmengen aus 3-D-Scannern beschäftigt.

Obgleich sein Studienweg eher ungewöhnlich war, blickt Tevs zufrieden auf die vergangenen Jahre zurück. Seine Familie ist stolz auf ihn, hat er doch nur durch Ehrgeiz und Fleiß das erreicht, wo er heute steht, und zwar ganz ohne Vitamin B und häuslichen Goldesel.

Wer keine Akademiker-Eltern hat, aber studieren möchte, kann sich Unterstützung holen: Stiftungen und Verbände nehmen sich solcher Fälle an, beispielsweise die Initiative Arbeiterkind. Auch ein Stipendium kann weiterhelfen, damit ein Studium nicht nur den Arzttöchtern und Anwaltssöhnen vorbehalten bleibt. 

www.arbeiterkind.de

 

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