Lustlos macht brotlos

Lustlos macht brotlos


Geisteswissenschaftler sollten vor allem eines mitbringen: leidenschaftliches Interesse für ihr Fach

Wer Geschichte, Philosophie oder ein anderes geisteswissenschaftliches Fach studiert, hat oft weniger klare Vorstellungen vom Berufsleben als beispielsweise Ingenieure. Dabei muss das nicht sein, Engagement vorausgesetzt.

VON THORSTEN MOHR

„Brotlose Kunst“, „Was willst du denn damit später mal machen?“, „Toll! Ich wollte auch immer Archäologie studieren.“ Genau, es geht um Geisteswissenschaftler. Solche Sätze kennt auch Ula Czymerska. Die Studentin steht kurz vor ihrem Abschluss in Kunstgeschichte, Archäologie und Psychologie. Außerdem hat sie vor gut einem halben Jahr eine Ausbildung zur Mediengestalterin an der Uni angefangen. Davor hat sie als Hilfskraft beim Aufbau einer Bilddatenbank des kunsthistorischen Instituts im Internet mitgeholfen. Nicht zuletzt führt sie ab und zu Besucher durch das Museum Pfalzgalerie in Kaiserslautern. „So konnte ich bisher das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden“, sagt die 29-Jährige. Neben dem Geld, das sie verdient, kann sie sich ausprobieren und verschiedene Berufe kennenlernen, die für Kunsthistoriker infrage kommen.

Das ganze Engagement bringt aber nichts, wenn eines fehlt: Interesse. „Grundsätzlich ist es wichtig, dass man wirklich das studiert, wofür man ‚brennt'. Strategische Überlegungen scheinen mir inzwischen überholt zu sein“, sagt Henry Keazor, Professor für Kunstgeschichte an der Saar-Uni. Versuch – und Irrtum – sind demnach ein probates Mittel, um bereits während des Studiums einen Beruf zu finden, mit dem ein Geisteswissenschaftler glücklich werden kann.

Das sieht auch sein Kollege Rainer Kleinertz so. Der Professor für Musikwissenschaft rät den Studenten: „Einfach mal probieren.“ Wer nach ein paar Monaten feststelle, dass ihm das Studium nicht gefällt, könne ja das Fach wechseln. Der Mut und die Bereitschaft, auch mal ins kalte Wasser zu springen, sei für Geisteswissenschaftler als Lebenserfahrung wichtig. „Der beste Weg ist nicht immer der Mittelweg“, sagt er. Grundsätzlich ist auch für ihn eines unerlässlich: Studenten müssen ein „riesiges Interesse“ für ihr Fach mitbringen. Wer einfach vor sich hinstudiert, weil ihm nichts Besseres einfällt, wird später auch Schwierigkeiten haben, einen Beruf zu finden, der ihm Spaß macht. Er bringt das Problem vieler Stellenbeschreibungen für Geisteswissenschaftler auf den Punkt: „Es ist oft schwieriger, Begabte für Stellen zu finden als Stellen für Begabte.“

Annett Emmrich von der Studienberatung der Saar-Uni kennt die Nöte der Geisteswissenschaftler sehr gut. Viele Studenten machen sich Sorgen, weil sie ihre berufliche Zukunft, anders als beispielsweise Ingenieure, im besten Fall diffus erahnen können. „Die Wege sind wenig planbar“, weiß sie. Daher lautet ein grundlegender Tipp auch von ihr: „Lieber ein Semester dranhängen und mehr Praxiserfahrung sammeln statt mit 22 fertig zu sein und keine Erfahrung zu haben.“ Keinesfalls jedoch sollten Geisteswissenschaftler, die zweifeln, lediglich der besseren Jobaussichten wegen zum Beispiel ein Ingenieurstudium beginnen. „Selbst dann ist nicht garantiert, dass ich einen guten Job kriege“, warnt Annett Emmrich. Auch hier gilt: Spaß muss sein.

Den hat auch Ula Czymerska, sowohl im Studium als auch in ihrer Ausbildung. Ihre Erfahrungen haben ihr dabei geholfen, ein Berufsbild zu entwickeln, auf das sie nun hinarbeiten kann. „Ich will gerne im Bereich Mediengestaltung bleiben“, weiß sie jetzt. Hier kann sie ihre wissenschaftlichen Fertigkeiten praktisch umsetzen, sei es, dass sie an Ausstellungen mitarbeitet, sei es, dass sie Bücher setzt. Dass sie zu der Erkenntnis überhaupt gelangen konnte, hat vor allem einen Grund: „Ich habe mich schon immer sehr für diese Fächer interessiert.“

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