Europa als Losung und Parole
"Europa als Losung und Parole"
Die Saar-Uni ist international. Wie es zu dieser Ausrichtung kam und was sie für die Zukunft bedeutet, erklären Uni-Archivar Wolfgang Müller und Patricia Oster-Stierle, Vizepräsidentin für Europa und Kultur.
Campus: Warum hat gerade die Saar-Uni einen besonderen europäischen Hintergrund?
Wolfgang Müller: In der damaligen politischen Sondersituation des Saarlandes entstand unsere Universität 1947/48 unter der Ägide Frankreichs und der Universität Nancy. Bereits damals wies man der neuen Hochschule die Aufgabe einer ›internationalen Ausstrahlung‹ und einer ›Brücke zwischen Frankreich und Deutschland‹ zu.
Wie zeigte sich das europäische Profil in den 50er Jahren?
Müller: Bei seiner Antrittsrede am 6. November 1950 wählte der zweite Rektor Joseph-François Angelloz ›Europa als Losung und Parole, indem wir uns als europäische Universität bekennen…Wir wollen aus Saarbrücken einen europäischen Kreuzweg machen.‹ Parallele deutsche und französische Studiengänge und ein internationaler Lehrkörper prägten das Bild. Als ›Krone und Symbol‹ der ›Europäischen Universität des Saarlandes‹ entstand 1951 das Europa-Institut, 1955 wurde das ›Centre d’Études Juridiques Françaises‹ gegründet.
Was folgte diesem ›europäischen Aufbruch‹ Anfang der 50er Jahre?
Müller: Die politischen Umbrüche der Jahre 1955 bis 1957 im Saarland tangierten auch die Universität. Ende September 1957 verließen die meisten französischen Professoren die Universität. Dennoch pflegte man weiterhin Traditionen deutschfranzösischer und europäischer Prägung. Es entstanden zahlreiche Partnerschaften, und 1984 wurde auch die ›Charta universitärer Zusammenarbeit Saar-Lor-Lux‹ unterzeichnet.
Welche europäischen Besonderheiten zeichnen die Uni des Saarlandes heute aus?
Patricia Oster-Stierle: Die Universität des Saarlandes ist sicherlich die ›europäischste‹ Universität Deutschlands. Wir sind stolz auf unser renommiertes Europainstitut und auf das ebenfalls in Deutschland einzigartige Centre juridique franco allemand. Wir haben eines der wenigen Frankreichzentren in Deutschland, vier französische Lehrstühle in der Jurisprudenz, in der Germanistik und in der Romanistik und mehr bi- und trinationale Studiengänge in geistes- und naturwissenschaftlichen Fakultäten als jede andere Universität Deutschlands. Im Atelier Europa engagieren sich die Studierenden. Sie richten zum Beispiel den Europatag aus.
Wie stellen Sie sich die zukünftigen Bemühungen der Uni als europäische Universität vor?
Oster-Stierle: Unsere größte Chance sehe ich im Augenblick in der Universität der Großregion. Während die Saar-Uni in Deutschland geographisch eine Randposition einnimmt – ebenso wie Metz und Nancy in Frankreich –, kann der Verbund ein Zentrum im Herzen Europas schaffen. Zusammen mit den Universitäten in Luxemburg und Lüttich stellt der Verbund einen attraktiven Hochschulraum dar. Die Studierenden lernen unterschiedliche wissenschaftliche Methoden kennen, nehmen an unterschiedlichen Diskursen teil. Durch die engen Partnerschaften in der Grenzregion ist es leichter, EU-Gelder für gemeinsame wissenschaftliche Projekte zu akquirieren. Auch dies ist eine Chance, die eine europäische Universität wie unsere nutzen muss, und sie ist hier bereits sehr erfolgreich.