Saarbrückens ferner Osten
Saarbrückens ferner Osten
Das koreanische Institut für Wissenschaft und Technologie verbindet Forschung aus Asien und Europa
Etwas grimmige Gesichter wie von Fabelwesen blicken den Besucher von drei Meter hohen Holzstelen an. Darunter koreanische Schriftzeichen, die den westlichen Betrachter in eine ferne Welt eintauchen lassen. Die »Jangseung« genannten Holzstelen, die am östlichen Eingang des Saarbrücker Campus stehen, sollen böse Geister abhalten. Das schmucke Gebäude dahinter entpuppt sich dann aber als fast gewöhnliches Forschungszentrum mit Tagungsräumen, Laboren und Büros für die Wissenschaftler. Aber nur fast: Das Korean Institute of Science and Technology (KIST Europe) auf dem Campus der Saar-Uni ist mehr als ein Forschungsinstitut. Es will Wissenschaftler aus Korea und Europa vernetzen und koreanischen Firmen dabei helfen, den europäischen Markt zu erkunden und im Behördendschungel durchzublicken.
Seit einem Jahr wird das Institut von dem Koreaner Kwang Ho Kim geleitet, der in Aachen studiert hat und perfekt Deutsch spricht. Er wird seit kurzem von dem Forschungsleiter Andreas Manz unterstützt, der die Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes und anderen deutschen Forschungseinrichtungen stärken will. »Die Mitarbeiter des Korea-Instituts beschäftigen sich vor allem mit der Grundlagenforschung auf verschiedenen Gebieten der Biotechnologie. Ähnlich wie ein Fraunhofer-Institut ist das Korea-Institut aber auch daran interessiert, Drittmittel einzuwerben und gemeinsame Projekte mit der Industrie anzustoßen «, sagt Andreas Manz. Das 1995 gegründete Institut hat derzeit rund 50Mitarbeiter.Vor zehn Jahren erhielten sie ein eigenes Gebäude auf dem Uni-Campus im unteren Teil des Stuhlsatzenhausweges. In diesem Jahr wurde direkt daneben ein zweites Gebäude fertig gestellt, in dem die Technologieberatung für koreanische Firmen ihren Sitz hat. Seit Juli hat Andreas Manz eine Honorar-Professur an der Saar-Uni inne und hält Vorlesungen in der Fachrichtung Mechatronik.
In seinem Forschungsgebiet, der Mikrofluidik, beschäftigt er sich mit der Frage, wie man chemische Analysen im Miniaturformat auf einem einzigen winzigen Träger durchführen kann, im Forscherjargon »Lab on a Chip« genannt. Dies ist auch ein Thema, das Helmut Seidel, Professor für Mikromechanik der Saar-Uni, interessiert. Er forscht schon seit längerem mit Wissenschaftlern des Korea-Instituts zusammen. An dem »Saar Bridge« genannten Forschungsverbund, der von der saarländischen Landesregierung gefördert wird, sind auch die Professoren Claus-Michael Lehr und Gerhard Wenz sowie die Professorin Rita Bernhardt beteiligt. »Die koreanischen Wissenschaftler beschäftigen sich intensiv mit biomedizinischen Mikrosystemen und sind auch auf den internationalen Konferenzen sehr gut vertreten. Wir profitieren hier gegenseitig von den neuen Erkenntnissen«, betont Helmut Seidel. Augenzwinkernd fügt er hinzu: »Für die Koreaner ist das Saarbrücker Institut natürlich auch ein wichtiger Stützpunkt, um in Erfahrung zu bringen, welche Forschungsthemen in Deutschland und Europa gerade im Trend liegen.
In ähnlicher Weise haben aber auch große deutsche Konzerne Niederlassungen etwa in Palo Alto, um zu beobachten, was im Silicon Valley passiert.« Von den gemeinsamen Forschungsprojekten könnten aber auch Saarbrücker Studenten profitieren. Andreas Manz möchte dafür über seine Honorarprofessur die Kontakte zur Saar-Uni intensivieren. »Studenten der Mechatronik, der Mikrotechnologie und Nanostrukturen oder auch der Biologie sollen künftig die Möglichkeit erhalten, am Korea-Institut zu forschen und ihre Doktorarbeit zu schreiben«, nennt Manz sein Ziel. Sie können dabei ganz nebenbei die kulturellen Unterschiede kennenlernen. »Für Koreaner ist es sehr wichtig, dass jeder sein Gesicht wahren kann. Man empfindet es als äußerst unhöflich, wenn jemand hitzige Diskussionen führt oder auch nur Ungeduld zeigt. Vieles wird eher indirekt formuliert, was Europäern manchmal schwer fällt«, erklärt Manz. Für Studenten, die später in Unternehmen mit asiatischen Handelspartnern arbeiten wollen, sei dies ein wichtiger Erfahrungsschatz. Manz lädt aber auch die Wissenschaftler und Mitarbeiter der Saar-Uni dazu ein, das Korea-Institut näher kennenzulernen: »Wir haben im Erdgeschoss einen schönen Seminarraum für 70 Personen. Den stellen wir für internationale Konferenzen oder Festivitäten mit asiatischen Gästen gerne zur Verfügung.«
_Friederike Meyer zu Tittingdorf