Pierre Halen

Pierre Halen

La Belgique : carrefour des cultures ? Essai d’un bilan linguistique et identitaire

[Belgien: Kreuzung der Kulturen? Versuch einer Bilanz der linguistischen Situation und des Identitätsbewusstseins]

 

Geht man von der Annahme aus, dass eine Nation vor allem monolingual ist, so kann Belgien laut Pierre Halen nicht als Nation angesehen werden. ln der Tat ist Belgien eine multilinguale Gesellschaft: Neben den drei Amtssprachen Französisch, Flämisch und Deutsch werden im Land auch mehrere Regionaldialekte gesprochen, hinzu kommen internationale Sprachen wie das Englische. Doch trotz der Sprachenvielfalt und der ideologischen Unterschiede gibt es seit dem 16. Jahrhundert ein belgisches Identitätsbewusstsein. Vor dieser Zeit indes wurden auf dem belgischen Territorium zahlreiche romanische und germanische Dialekte gesprochen, wodurch die verschiedenen Volksgruppen des Landes nicht miteinander kommunizieren konnten. Französisch, seit dem Mittelalter Verkehrssprache, wurde jedoch von nur 10 bis 15% der Bevölkerung gesprochen und war vor allem in der Bourgeoisie verbreitet. So konnte sich die höher gestellte Gesellschaftsschicht von der Arbeiterklasse abgrenzen. Eine flämische Bewegung setzte sich daraufhin für die Anerkennung des Flämischen ein und erreichte, dass der Staat 1873 ein Gesetz zum Schutz der flämischen Sprache verabschiedete, nach der Verfassungsänderung von 1970 wurde das Land in Regionen und Sprachgemeinschaften unterteilt. Zwar bestehen seit dieser Zeit wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem wallonischen Süden und dem flämischen Norden, doch die kulturellen Kontakte werden immer schwächer. Verschiedene Initiativen wie etwa das jährlich Brüssel stattfindende „KunstenFestivaldesArts“ sollen nun helfen, die kulturelle Kluft zwischen den beiden Teilen des Landes zu überbrücken.

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