La mise en scène de la création d'Hamlet d'Ambroise Thomas (1868)

In den ersten Jahrzehnten des Zweiten Kaiserreichs kam es zu tiefgreifenden Umwälzungen der französischen Opernmodelle. Während die Schöpfer der Grand-Opéra nach und nach verschwanden, Faust (1859 im Théâtre-Lyrique uraufgeführt) die Struktur der Gattungen in Frage stellte und das Pariser Publikum Tannhäuser und Wagners dramaturgisches und szenisches Denken entdeckte, forderte die Uraufführung von Hamlet die französische Oper auf, ihre Sprache zu erneuern. Denn obwohl das Werk große Chorszenen, prächtige Bühnenbilder und 340 Kostüme erfordert, räumt es der Innerlichkeit der lyrischen Figur einen neuen Platz ein und eröffnet damit einen engen Dialog zwischen Größe und Intimität.

Diese neuen dramaturgischen Prinzipien führen unweigerlich zu einer Neuverhandlung der Techniken und Herausforderungen der Inszenierung in der "Grande Boutique". In unserem Vortrag wollen wir anhand der Inszenierung der Hamlet-Aufführung untersuchen, ob die Erneuerung der französischen Operngattungen neue szenische Gepflogenheiten mit sich bringt. Umgekehrt scheint es relevant, zu beobachten, wie Thomas dieses neue dramaturgische Modell auf der Bühne sowie anhand ihrer Traditionen und ihrer materiellen und menschlichen Gegebenheiten erprobt oder bestätigt.

Ein weiterer Aspekt unseres Vortrags ist schließlich die Frage, ob es möglich ist, sich - dank der Aufbewahrung der Modelle des Bühnenbildes und des Regiebuchs der Uraufführung - eine Rekonstruktion des szenischen Spiels der Uraufführung von Hamlet vorzustellen. Unabhängig von den möglichen Anwendungen für die Opernproduktion bietet das Experiment der wissenschaftlichen Rekonstruktion der Inszenierung der Hamlet-Uraufführung dem Forscher und dem Dramaturgen ein neues Verständnis des Zustands des szenischen Spiels auf den Opernbühnen des Zweiten Kaiserreichs.

Der Vortrag findet statt im Kontext des internationalen Symposions "Zweite Republik und Second Empire" im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung und der Société française de musicologie.