Methoden und Ziele digitaler Musikwissenschaft: Ein Marktplatz aktueller Forschung

,Das Digitale‘ ist aus sämtlichen Bereichen der Musikforschung nicht mehr wegzudenken: Seien es die bessere Durchsuchbarkeit, Vergleichbarkeit und Darstellung komplexer Kontexte im Rahmen von digitalen oder hybriden Editionen, Datenbankprojekten oder lexikalen Webplattformen, die fortwährende Weiterentwicklung unterschiedlicher Formen der Codierung musikalischer Texte als Grundlage darauf aufbauender Forschung, die qualitative oder quantitative Analyse von audio-visuellen Aufnahmen, die quantitative Aufführungsforschung, die rechnerbasierte Analyse von Partiturkorpora für Stiluntersuchungen oder die Erforschung digitalen Musikkonsums. Die computergestützte und -geleitete Forschung eröffnet seit vielen Jahren neue Forschungsräume und -perspektiven, was insbesondere im produktiven Austausch mit den Daten- und Informationswissenschaften sowie in jüngerer Zeit mit Ansätzen zu künstlicher Intelligenz und Kreativität geschieht. Diese Interaktionen und Schnittstellen erfordern formale Genauigkeit und damit die Notwendigkeiten von Standards und Konsenslösungen, lassen aber auch die Komplexität von Musik und musikalischen Ereignissen sichtbar werden.
Hinzu kommt, dass auch musikalische und musikwissenschaftliche Praktiken durch ,das Digitale‘ einen Wandel durchmachen – und wiederum neuer Reflexion bedürfen. Kollaboratives und exploratives Arbeiten sowie Inspiration durch und kritisches Hinterfragen von durch digitale Verfahren erzeugten Forschungsergebnissen erfordern ein hohes Maß an spezifischer Kompetenz, was wiederum auch Implikationen für die musikwissenschaftliche Lehre hat. Damit rücken auch Fragen einer nachhaltigen, FAIRen Forschungsdateninfrastruktur in allen Phasen des Forschungsprozesses in den Vordergrund – von der Datenerfassung, Sammlung und Anreicherung von materiellen und immateriellen Kulturgütern bis hin zur Ebene der Datenstandardisierung, Analyse, Datenveröffentlichung (unter Berücksichtigung komplexer ethischer und rechtlicher Situationen) und Datenwiederverwendung.
Die im Umfang von drei Stunden geplante Veranstaltung sieht das Format eines offenen Marktplatzes vor, das der heterogenen Landschaft der digitalen Musikforschung Raum geben soll. Ziel ist es, aktuelle Entwicklungen, Ideen, Methoden, Tools und Standards zu präsentieren und die Besucher:innen der Jahrestagung zum interaktiven Ausprobieren und Diskutieren einzuladen. Die bisherige Planung sieht 15 bis 20 Stationen mit Beispielen digitalen Arbeitens aus allen Bereichen der Musikwissenschaft vor. Die Auswahl wird nach einem Call for Contributions innerhalb der beantragenden Arbeitsgruppe getroffen. Die Fachgruppen der digitalen Musikwissenschaft und der Freien Forschungsinstitute wollen – in Zusammenarbeit mit NFDI4Culture – den Stand der digitalen Musikforschung im Jahr 2023 erleb- und erfahrbar machen und laden zu kritischer Reflexion und wissenschaftlichem Austausch ein.