Opéra comique in Deutschland. Untersuchungen zu deutschsprachigen Aufführungen vor 1770

Prof. Dr. Irmgard Scheitler (Universität Würzburg)

Die Forschungsbibliothek Gotha besitzt eine umfangreiche Sammlung von Theaterzetteln. Sie umfasst in chronologischer Ordnung den Zeitraum von 1759-1771 und die Repertoires der Truppen von Heinrich Gottfried Koch, Konrad Ernst Ackermann, der sog. Hamburgischen Entreprise und von Abel Seyler. Die Spielpläne erwähnen auch Stücke nach Art der Opéra comique, sei es, dass es sich um Übersetzungen, freie Nachahmungen oder Originale handelt. Auch Musik ist erhalten. Für die beschränkten Verhältnisse deutscher Schauspieltruppen stellten diese Aufführungen eine Herausforderung dar, sie brachten aber auch Geld ein. Zudem zeigen sie, zu welchen musikalischen Leistungen die Truppen in Hinsicht auf den Gesang sowie auf die Orchesterbesetzung fähig waren. Was die Zeit vor 1770 anlangt, sind die Kenntnisse über Schauspielmusik in Deutschland äußerst beschränkt. Der hohe Wert der Gothaer Zettel liegt darin, in diese Epoche Einblick zu gewähren, weil sie uns über das Repertoire unterrichten und so weitere Nachforschungen ermöglichen. Die Rede ist hier nicht von den Singspielen Johann Adam Hillers oder den Nachahmungen Charles Coffeys, sondern von Stücken in der französischen Tradition eines Charles S. Favart oder Marc Antoine Legrand. – Der Vortrag steht im Zusammenhang mit dem bei der DFG eingereichten Projekt „Schauspielmusik des 18. Jahrhunderts. Forschungen zur Epoche vor der Goethezeit auf der Grundlage der Gothaer Theaterzettelsammlung (1759-1771)“.

 

Irmgard Scheitler, geboren 1950, Studium der katholischen Theologie, Germanistik und Byzantinistik an der LMU München. Staatsexamen 1975 (München), Promotion (München) 1979, Habilitation (TU Dresden) 1995. 1996 apl. Professorin im Fach Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Würzburg, seit 2015 im Ruhestand. 2017 Gastprofessur für die Abteilungen Neuphilologie und Music School, UBC Vancouver/Kanada. Vornehmlicher Forschungsschwerpunkt: Beziehungen zwischen Musik und Literatur. Mitherausgeberin des „Jahrbuchs für Liturgik und Hymnologie“. Auswahl aus den Buchveröffentlichungen: "Das Geistliche Lied im deutschen Barock". Berlin 1982, "Geistliches Lied und Kirchenlied im 19. Jahrhundert" (Hg.). Tübingen 2000; "Deutschsprachige Oratorienlibretti. Von den Anfängen bis 1730". Paderborn 2005; "Schauspielmusik. Funktion und Ästhetik im deutschsprachigen Drama der Frühen Neuzeit". 2 Bde. mit MP3. Tutzing 2013; Beeskow 2015. "Opitz musikalisch. Text und Musik im 17. Jahrhundert". Stuttgart 2021.