Geschichte

Gründung

Mit europäischer Perspektive und unter Verschmelzung französischer und deutscher Bildungstraditionen öffnete die seinerzeit zweisprachige Universität des Saarlandes im November 1948 ihre Pforten. Diese erste, nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründete linksrheinische Hochschule entstand in der damaligen Sondersituation des politisch teilautonomen und ökonomisch durch Wirtschafts- und Währungsunion mit Frankreich verbundenen Saarlandes unter der Ägide Frankreichs und der Universität Nancy. 

In 1954 ergreifen die Professoren des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes die Initiative zur Gründung eines "Instituts für Vergleichung und Annäherung des Europäischen Rechts" (Institut pour la comparaison et les rapprochements des differents droits européens), der 1955 seine Aktivitäten beginnt. Ziel des Instituts ist die Rechte Europas zu erforschen, zu vergleichen und ihre Annäherung zu fördern. Die Institutsgründung ist von dem Gedanken getragen, dass in einer Zeit zunehmender gegenwärtiger Abhängigkeit und Verflechtung der Staaten vor allem im engeren Bereich der europäischen Integration die Förderung auslandsrechtlicher und rechtsvergleichender Forschungen eine evidente Notwendigkeit darstellt.

 

Entwicklung

Das Institut versteht sich zunächst als reines Forschungsinstitut. Für seinen Forschungsgegenstand, die Rechtsordnungen der Länder Europas im Hinblick auf ihre Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Besonderheiten, setzt sich schnell die Bezeichnung “Europäisches Recht” durch. Daher erhält das Institut schon ab 1957 den neuen Namen "Institut für Europäisches Recht". In diesen Jahren ist von einem (supranationalen) "Europarecht" noch kaum die Rede; die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft treten erst 1958 in Kraft. Durch die Gründung der EWG erweitert sich der Aufgabenbereich des Instituts, das sich in den ersten Jahren seines Bestehens auf drei Bereiche konzentriert: Die Vergleichung der nationalen Rechte in Europa, die Probleme der Rechtsvereinheitlichung und Rechtsangleichung in Europa und das Recht der Europäischen Organisationen.

Der Begriff "Europäisches Recht" wird Mitte der 1960er Jahre vom "Komitee für das vergleichende Studium der Rechte der Europäischen Staaten" des Europarats im Sinne jener Dreiteilung definiert. Für das Recht der Europäischen Organisationen setzt sich in Deutschland der Begriff "Europarecht" durch.

Das Institut für Europäisches Recht arbeitet seit seinem Bestehen und bis heute eng mit dem "Institut für das Studium des Französischen Rechts — Centre d’Études Juridiques Françaises" zusammen, das im Zuge der Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland gegründet und später in "Centre Juridique Franco-Allemand (CJFA)" umbenannt wurde. Auch kommt es in verschiedenen Reorganisationsschritten Anfang der 1980er Jahre zur Ausgliederung des Arbeitsfeldes des Rechts der europäischen Organisationen und damit des Europarechts, das den Schwerpunkt eines neu gegründeten "Europa-Instituts" der Universität des Saarlandes bildet und dessen Sektion Rechtswissenschaft den Aufbaustudiengang zur europäischen Integration zum Erwerb des Magistergrades “LL.M. (Eur.)” durchführt. 

Das Institut für Europäisches Recht verwirklicht seine Ziele durch Forschungstätigkeit, durch einschlägige Lehrveranstaltungen, durch die Betreuung von Doktoranden im europäischen Recht, durch besondere Vortragsveranstaltungen sowie durch die Erstattung von Rechtsgutachten für Gerichte und Behörden zu Fragen des Internationalen Privatrechts und die Rechte der Europäischen Union.

Die Vergleichung und Harmonisierung der Rechtsordnung der Länder Europas im Hinblick auf die Rechtsordnungen der osteuropäischen Länder stellt heute das Herzstück der Tätigkeit des Instituts für Europäisches Recht in Forschung und Lehre dar. In Zusammenarbeit mit polnischen, rumänischen und bulgarischen Universitäten wurden Rechtsberatungsaktivitäten durchgeführt. Die staatliche Universität von Tbilissi in Georgien wird durch Besuche und Tagungen intensiv wissenschaftlich unterstützt. Ziel dabei ist es das Privatrecht Georgiens mit dem Recht der Europäischen Union zu harmonisieren. 

Direktoren

Von seiner Gründung an und mehr als 25 Jahre lang wurde das Institut für Europäisches Recht von Herrn Professor Dr. Bernhard Aubin geleitet. Später übernahm Herr Professor Dr. Günther Jahr und ab 1994 Herr Professor Dr. iur. Dr. rer. publ. Dr. h.c. mult. Michael Martinek, zeitweise unterstützt von Herrn Professor Dr. Filippo Ranieri, die Leitung. Seit 2008 waren Herr Professor Dr. iur. Dr. rer. publ. Dr. h.c. mult. Michael Martinek und Frau Professor Dr. Dr. h.c. Tiziana Chiusi Ko-Direktoren des Instituts. Nach der Emeritierung von Herrn Professor Dr. iur. Dr. rer. publ. Dr. h.c. mult. Michael Martinek zum Ende des Wintersemesters 2018/2019 leitet Frau Professor Dr. Dr. h.c. Tiziana Chiusi das Institut.