Forschungsprofil

Forschungsschwerpunkte

Die Schwerpunkte meiner romanistischen Forschungstätigkeiten liegen im Bereich der iberoromanischen und französischen Literatur- und Kulturwissenschaft. Wesentliche theoretische Ansätze, mit denen ich arbeite, sind die Memoria-Forschung, Postcolonialitätsstudien und Performance- und Gender Studies. Einem interdisziplinären, dialogorientierten Wissenschaftsverständnis folgend, entstehen meine Arbeiten in intensiver Kooperation mit nationalen und internationalen Forschungsinstitutionen (Graduiertenkollegs, Forschergruppen, Hochschulpartnerschaften). Länderschwerpunkte sind Spanien, Kuba und der Cono Sur.

 

Memoria und Migration: autobiographisches Schreiben in einer globalisierten Romania

Ein erster Beitrag zu den Lebenserinnerungen von Hélène Cixous, Marie Cardinal und Jacques Derrida, die in Algerien geboren wurden aber in Frankreich leb(t)en, geht der Frage literarischer Artikulation von Vergessen und Erinnern, von Kultur-/Raum-Verlust und schriftlicher Wiederaneignung, von ästhetisierter sprachlicher, religiöser und politischer Alteritätserfahrung nach. Hier untersuche ich, welches spezifische Verhältnis einerseits die persönlichen Kindheits- und Jugenderlebnisse und andererseits die – das autobiographische Projekt durchkreuzenden – zeitgenössischen Kulturdiskurse (wie die These der postmodernen Krise des Subjekts oder dekonstruktivistische semiotische Modelle) in den Texten eingehen.
In einer weiteren Studie zum autobiographischen Schreiben im Spanien der transición fokussiere ich die Werke von Carme Riera, Esther Tusquets und Carmen Martín Gaite (Reinstädler in Gómez-Montero, 2007). Hier wird gezeigt, wie angesichts des Nicht-Erinnern-Dürfens und der Unmöglichkeit des Erinnern-Könnens, die literarischen Vergangenheitsverstellungen mit den Modellen des Palimpsests, des Freudschen Wunderblocks und der Traumzensur beschreibbar gemacht werden können. Zur Zeit untersuche ich ein größeres Korpus autobiographischer Texte, die ebenfalls in Spanien nach 1975 verfasst wurden. Es scheint sich abzuzeichnen, dass in den aktuellen autobiographischen Texten nicht die Verarbeitung oder Bewertung der Vergangenheit im Zentrum der Schilderungen von Bürgerkrieg und Frankismus steht, sondern ihre Wiederbelebung. Im autobiographischen Schreiben, so das Lektüreangebot, kann das exterritorialisierte Subjekt den Raum rekonstruieren, sich in ihm erneut (und in der autobiographischen Logik: endgültig) positionieren. Eine Ausweitung des Untersuchungsgegenstand auf Autobiographien, die nach der Salazar-Ära in Portugal entstanden, ist in Vorbereitung.

Theatergeschichte der romanischsprachigen Antillen

Meine im Rahmen der Karibikstudien situierte Habilitationsschrift Die Theatralisierung der Karibik: (post)koloniale Inszenierungen auf den spanisch- und französischsprachigen Antillen im 19. Jahrhundert legt eine literatur- wie kultur-wissenschaftlich ausgerichtete Theatergeschichte der romanischsprachigen Antillen (Kuba, Puerto Rico, Haiti, Guadeloupe, Martinique) vor. Die empirische Aufarbeitung des spanischen und französisch-/ kreolsprachigen Volks-Theatergeschehens wird durch eine detaillierte Analyse der in Archivrecherchen rekuperierten Stücke komplettiert. In der Übertragung von zentralen Begriffen der Postcolonial Studies (Hybridität, Mimikry, der dritte Raum u.a.; Bhabha, Canclini, Glissant, Mignolo) sowie dramentheoretischer Ansätze der Performativitäts-Forschung (Krämer, Fischer-Lichte, Wirth) definiere ich das Theater als erstes Massenmedium der karibischen Gesellschaft, das seine Bühneninszenierungen von race, gender, language, nation in einem Spannungsfeld von kolonialen Konzepten eurozentristischen Zuschnitts und frühen anti-, bzw. postkolonialen Entwürfen eines hybriden karibischen Kulturraums entfaltet.

 

Literarische Konstruktion von Weiblichkeit

Die Positionen, die der dekonstruktive Feminismus (Butler, Kristeva, Vinken) im Anschluss an die frühe französische Debatte (Cixous, Irigaray, Lacan) formulierte, sind der theoretische Ausgangspunkt meiner Studien zur literarischen Konstruktion von Weiblichkeit als Zeichen von Alterität in der spanischen Literatur des Barock, des 19. und 20. Jahrhunderts. Meine Monographie zum erotischen Roman im Postfrankismus geht weiterhin dem produktiven Verhältnis zwischen Geschlechter- und Begehrens-Formationen und ästhetischen Textbildungsverfahren nach. Unter besonderer Bezugnahme auf französische Theoretiker (Barthes, Bataille, Derrida, Foucault u.a.) wird das Oszillieren der Diskurse der Körperlichkeit und der literarischen Verfahrensweisen beschreibbar, welche zwischen der Rückwendung auf frankistische Modelle und dem Experimentieren mit postmodernen literarischen Artikulationsformen changieren.