Spanisches Musiktheater am Hof Kaiser Leopolds I. – Zuschreibungen und Datierungen
Prof. Dr. Greta Haenen (Hochschule für Künste Bremen)
Die Musikaliensammlung des habsburgischen Kaisers Leopold I. (1640–1705) umfasste größtenteils
 handgeschriebene dramatische Werke, vor allem seiner Hofkomponisten und von seiner eigenen
 Hand. Die Sammlung war als Studienbibliothek angelegt: Leopold hatte die Partituren zur Hand bei
 den Aufführungen bzw. verwendete sie zum Studieren. Obwohl nur etwa die Hälfte der Bibliothek
 erhalten ist, kann man ihre Organisation nachvollziehen (chronologisch nach Komponist und Gat-
 tung). Neben Werken, die am Hof aufgeführt wurden sammelte Leopold auch italienische und (bis
 1673) spanische Musik. Wichtig für die Chronologie sind dabei auch die Handschriften derer, die die
 Signaturen schrieben. Ein Beispiel: undatierte italienische Oratorien (zB Freschis Giuditta, das zwi-
 schen ca1692 und 1697 in die Sammlung integriert wurde und somit deutlich vor 1705 komponiert
 wurde; auch andere Werke lassen sich auf diese Art einigermaßen datieren).
 Einen Blick auf die Studientätigkeit des Kaisers bietet Juan Hidalgos Celos aun del Aire matan, das viel-
 leicht am Hof aufgeführt wurde, aber sicher vom Kaiser studiert wurde. Der Einfluss dieses und an-
 derer Werke, die er über seinen Botschafter in Madrid, Franz Eusebius Graf Pötting orderte, wird
 deutlich bei einer Reihe von spanischen dramatischen Stücken, die der Kaiser selbst komponierte:
 eine Oper (El Prometeo) und einige Theaterintermezzi (Orfeo y Euridice/La nobia barbuda und Primero
 es la honra), die noch erhalten sind (und die z.T. Draghi zugeschrieben werden). Die spanischsprachi-
 gen Werke Leopolds heben sich stilistisch deutlich von seinen italienischen ab. Da wir die Signaturen
 kennen können wir  diese  Werke,  von denen  einige anonym erhalten  sind,  auch dem  Kaiser  zu-
 schreiben.