Aktuelles

Das Institut für Vor- und Frühgeschichte trauert um Prof. Dr. Winfried Orthmann

In Trauer und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Winfried Orthmann, der am 1. Februar im Alter von 88 Jahren verstorben ist. 1935 in Berlin geboren, studierte er Vorderasiatische Archäologie, Altorientalische Philologie und Klassische Archäologie in München, Berlin und Ankara. Im Jahr 1961 wurde er mit einer Arbeit zur Keramik der Frühen Bronzezeit aus Inneranatolien an der Freien Universität Berlin promoviert. Nach einem Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts (1962/63) und einer Referententätigkeit am DAI Istanbul (1963-1968) schloss Winfried Orthmann 1969 seine Habilitation mit dem Titel „Untersuchungen zur späthethitischen Kunst" an der Universität des Saarlandes ab. An unserem Institut war er zunächst als Assistenzprofessor, von 1971-1994 dann als Universitätsprofessor tätig. Von 1994 bis zu seiner Emeritierung 2000 lehrte er als Professor für Orientalische Archäologie an der Universität Halle.

Zeitlebens war Winfried Orthmann ein begeisterter Feldarchäologe, der an den Ausgrabungen in Argissa (Griechenland), Boğazköy/Ḫattuša (Türkei), Kāmid el-Lōz (Libanon) and Tell Chuera (Syrien) teilnahm und später zahlreiche eigene Grabungsprojekte durchführte, so z.B. zur Erforschung der hethitischen Nekropole von Ilıca in Zentralanatolien, in Munbaqa (1974-1977), der bronzezeitlichen Siedlung von Halawa sowie mehreren Nekropolen in deren Umfeld (1977-1986), Tell Chuera (1982-1998) und in Georgien. Selbst im Ruhestand unterstützte er die Ausgrabungen in Tell Halaf und nahm an mehreren Grabungskampagnen teil. Mit seinen Forschungen hat Winfried Orthmann das Fach Vorderasiatische Archäologie in vielerlei Hinsicht geprägt und dort tiefe Spuren hinterlassen. Viele seiner Arbeiten, so zum Beispiel "Der Alte Orient" aus dem Jahr 1975, erschienen in der Propyläen-Kunstgeschichte, oder auch zahlreiche Grabungspublikationen, gehören bis heute zu den Standardwerken des Faches.

Spuren hinterlassen hat Winfried Orthmann aber auch an unserem Institut – nicht nur als akribischer Wissenschaftler und begeisterter Lehrer während seiner 23-jährigen Tätigkeit als Universitätsprofessor an der UdS. Denn sein Weg führte ihn schließlich noch einmal zurück ins Saarland und an unsere Universität, so dass wir ihn ab 2018 wieder bei uns begrüßen durften, als er bei Vorträgen oder auch in unserer Bibliothek ein gern gesehener Gast war. Wir haben ihn als einen sehr warmen, gütigen und humorvollen Kollegen kennengelernt, der immer gerne bereit war, sein umfassendes Wissen zu teilen, dessen Freude am Fach und Begeisterung für die Wissenschaft geradezu ansteckend wirkten. Neben all den Kolleg*innen in unserem Haus, die Herrn Orthmann noch aus seiner aktiven Zeit an der Universität des Saarlandes kennen und schätzen, hat er daher sehr schnell auch bei uns „Neuen“ Anschluss gefunden und weitere Bekanntschaften geschlossen. Wir alle sind dankbar dafür, dass wir Prof. Dr. Winfried Orthmann persönlich kennenlernen durften und verabschieden uns von einem warmherzigen Menschen und wegweisenden Wissenschaftler.

Saarbrücken, im Februar 2024
 

Online-Abendvorträge

Im Rahmen unserer "Roman Network" Online Abend-Vorträgen möchten wir weiterhin als Chance nutzen, internationale Referenten zu gewinnen, und möchten zudem eine Forschungsinitiative mit dem Landschaftsverband Rheinland sowie den Universitäten Frankfurt und Köln vorantreiben (https://bodendenkmalpflege.lvr.de/de/aktuelles/vortraege/online_vortragsreihe_roman_networks_in_the_west.html). Aus diesem Grund finden zwei der Vorträge in etwas größerem Rahmen statt als üblich und wir werden hoffentlich spannende Diskussionen erleben!

Eine Anmeldung zu den Vorträgen ist per Email möglich (Email bitte senden an sabine.hornung(at)uni-saarland.de). Wir werden alle Interessierten in eine MSTeams-Gruppe aufnehmen, Sie erhalten dann einen Link zur Einwahl in den Vortrag. Die Einwahl ist auch problemlos über eine WebApp möglich, das Programm muss also nicht auf dem Rechner installiert werden. Studierende der Altertumswissenschaften an der Universität des Saarlandes, die eine Teilnahme an den Abendvorträgen der Archäologien nachweisen müssen, können dies über das Verfassen eines maximal einseitigen Kurzprotokolls tun.

Tristan Karl M.A.
"Die spätlatènezeitliche Siedlung von Arnoldsweiler"
und
Judith Monschau M.A.
"Der späteisenzeitliche Fundplatz von Kerpen-Manheim (HA158)"

6. Mai 2024, 18:15 Uhr, MS Teams

Abstract:
Der Fundplatz in Arnoldsweiler bei Düren wurde bei Autobahnbauarbeiten an der A4 ergraben und ist bisher vor allem für seine bandkeramische Siedlung mit Gräberfeld bekannt. Weniger bekannt ist die spätlatènezeitliche Siedlung mit Umfassungsgraben, die in derselben Kampagne dokumentiert, bisher aber nicht bearbeitet wurde. Die Aufarbeitung des Fundplatzes, dessen Datierung und Rekonstruktion waren zentrale Fragestellungen der hier vorzustellenden Masterarbeit. Darüber hinaus wurde eine Einordnung der Siedlung in das regionale eisenzeitliche Siedlungswesen und eine Analyse der Siedlungshierarchie vorgenommen, indem mehrere ähnliche Fundplätze aus der Region verglichen wurden. Die Vorlage von Arnoldsweiler ist ein weiteres Puzzleteil für die voranschreitende Aufarbeitung der spätlatènezeitlichen befestigten Hofanlagen im Rheinland, durch die sich ein immer klareres Bild zeichnet, dass dabei hilft die Mikroregion der vorrömischen Eisenzeit zu verstehen.

Die invasiven Maßnahmen der RWE Power AG im Rheinland ermöglichen großflächige und tiefgreifende Untersuchungen archäologisch relevanter Fundplätze. Aufgrund der Lage innerhalb der Abbauzone des Braunkohlentagebaus Hambach war eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung somit auch am Fundplatz HA158 in Kerpen-Manheim möglich und für eine nachhaltige Dokumentation notwendig. Im Rahmen einer Masterarbeit wurden daher vier Grabungskampagnen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland und der Universität zu Köln aufgearbeitet. Die zentralen Forschungsfragen richteten sich dabei auf die Datierung der Keramikfunde, den Aufbau der baulichen Strukturen und die Nutzung des Siedlungsplatzes. Zusätzlich wurden anhand des Befund- und Fundmaterials mögliche Entwicklungsmechanismen sowie ethnische Rekonstruktionsansätze der Gesellschaftsgruppe(n) herausgestellt. Abschließend konnte dadurch ein landwirtschaftlich geprägter Siedlungsplatz der späten Eisenzeit bis frühen Kaiserzeit nachgewiesen werden. Ausblickend sind auf Grundlage dessen vertiefende Vergleiche mit nahegelegen, ebenfalls späteisenzeitlichen bis frührömischen Fundplätzen möglich, aus welchen ein regionales Siedlungsmuster hergeleitet werden könnte.

Zur Person: 
Tristan Karl machte seine ersten praktischen Erfahrungen im Bereich der Archäologie bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr im Landesmuseum Trier, bevor er an der Universität zu Köln das Studium begann. Nachdem er im Bachelor Archäologie der römischen Provinzen und Geschichte studierte, kristallisierte sich spätestens mit der Bachelorarbeit über die Oppida der Treverer auch ein großes Interesse für die vorrömische Eisenzeit und Romanisierungsprozesse heraus. Daher studierte er im Master neben der Archäologie der römischen Provinzen auch Ur- und Frühgeschichte. Aktuell ist er als wissenschaftliche Hilfskraft im LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland in der Außenstelle Overath tätig.

Judith Monschau studierte zwischen 2014 und 2023 Vor- und Frühgeschichte sowie Archäologie der Römischen Provinzen an der Universität zu Köln. Im Rahmen des Erasmus-Programms ging sie währenddessen als internationale Studentin an die University of Durham (GB). In ihrer Bachelorarbeit 2019 arbeitete sie römische Keramik des Flottenkastells Köln-Alteburg auf und 2023 folgte eine Masterarbeit über den späteisenzeitlichen bis frührömischen Fundplatz von Kerpen-Manheim. Studienbegleitend arbeitete sie bei der Grabungsfirma arthemus GmbH, im Ortsarchiv des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege im Rheinland und nahm an geophysikalischen Prospektionen im In- und Ausland teil. Seit 2023 ist sie als Archäologin bei der archäologischen Fachfirma arthemus GmbH festangestellt.
 

 

 

Forschungskooperation mit Luxemburg

Am Freitag ging die erste gemeinsame Lehrgrabung der Saarbrücker Vor- und Frühgeschichte in Kooperation mit dem luxemburgischen Denkmalamt (INRA) zu Ende. Es war der Auftakt einer neu eingerichteten Forschungskooperation zur Erforschung der Eisenzeit im SaarLorLux Raum, die den Studierenden des Faches auch künftig eine sehr praxisnahe Ausbildung garantieren soll und zugleich neue archäologische Netzwerke in der Großregion etabliert. In den letzten vier Wochen hatten wir die seltene Gelegenheit, im Rahmen des Projektes eine mehrphasige Höhensiedlung mit doppeltem Abschnittswall zu untersuchen. Die Anlage liegt in einem Wald bei Itzig (Luxemburg), oberhalb des Flusses Alzette. Hier dokumentierten wir den Aufbau beider Wälle, von denen der größere sich als Mauer mit einem hölzernen Balkenwerk erwies. Außerdem wurde der Siedlungsbereich der Anlage untersucht, wobei auch Keramik aus römischer Zeit zu Tage kam, die wohl mit einer Nachnutzung zu verbinden ist. Die Ausgrabung erbrachte viele spannende Ergebnisse - eine Besiedlung der Anlage noch in der Spätantike ist anzunehmen. Die Studierenden konnten unter Einsatz modernster digitaler Grabungstechnik wichtige Praxiserfahrung sammeln, inklusive eines spannenden Einblickes in die regionale Siedlungsarchäologie.

Wir bedanken uns herzlichst beim luxemburgischen Denkmalamt (INRA) und bei der Grabungsfirma Archäoplan für die tolle Zusammenarbeit. Auch danken wir den Studierenden für ihre tolle Mitarbeit und ihr Engagement. Wir freuen uns schon sehr auf eine baldige Fortsetzung der Kooperation.

 

Neuer Bachelorstudiengang "Archäologie" seit dem Wintersemester 2021/22

Die Archäologie Europas steht im Mittelpunkt dieses Studienangebotes, welches gemeinsam von der Vor- und frühgeschichtlichen und der Klassischen Archäologie getragen wird. Das innovative Konzept des Studiengangs beruht auf der umfassenden Vermittlung von fachwissenschaftlichen, methodischen und praktischen Kompetenzen im Bereich landschafts- und fundstellenbezogener Archäologie sowie Objekt- und Bildwissenschaft. So erwerben Studierende fundierte Fachkenntnisse zu den zentralen Epochen und Kulturen des antiken / vormodernen Europas. Zugleich vermittelt der Studiengang neben den traditionellen auch eine große Bandbreite an modernsten digitalen Methoden, die in der archäologischen Forschung und Vermittlung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Schließlich sammeln die Studierenden Erfahrungen in allen relevanten archäologischen Berufsfeldern durch einen im Studienverlauf implementierten hohen Praxisanteil. Die dadurch erworbenen Kompetenzen sowie die Möglichkeit zur Ausbildung eines individuellen Curriculums bereiten optimal sowohl auf die Fortsetzung des Studiums in einem konsekutiven Masterstudiengang als auch auf einen frühen Berufseinstieg vor.

Die Vor- und Frühgeschichte trauert um Prof. Dr. Frauke Stein

In großer Trauer nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Frauke Stein, die uns am 7. Juli im Alter von 87 Jahren für immer verlassen hat. Frauke Stein war weitaus mehr als eine herausragende Wissenschaftlerin, sie war über fünf Jahrzehnte hinweg die gute Seele der Saarbrücker Vor- und Frühgeschichte und hat viele Generationen von Studierenden geprägt, wie dies nur wenigen gelingt. Nicht nur in unserem Fach wird sie fehlen, sondern auch als Mensch, als eine Frau, die sich unermüdlich für andere eingesetzt hat – sei es für ihre Schülerinnen und Schüler, Kolleginnen und Kollegen, ganz privat oder qua Amt als Gleichstellungsbeauftragte der Universität des Saarlandes. Frauke Stein war in vielerlei Hinsicht eine echte Pionierin der Vor- und Frühgeschichtsforschung, mit all den Höhen und Tiefen, die diese Pionierarbeit mit sich brachte. 1936 in Leer / Ostfriesland geboren, wurde sie nach ihrem Studium in Hamburg und München eine der ersten Frauen in unserem Fach, die sich in der akademischen Laufbahn etablieren und behaupten konnten. Sie kam 1964 zunächst als wissenschaftliche Assistentin an das Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität des Saarlandes, wo sie 1970 zur Hochschuldozentin und schließlich 1973 zur Universitätsprofessorin ernannt wurde. Selbst nach ihrem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2001 war sie der vor- und frühgeschichtlichen Forschung wie auch unserem Institut stets treu und noch bis in die jüngste Vergangenheit wissenschaftlich tätig. Ihre unerschöpfliche fachliche Neugier und Akribie, ihre menschliche Wärme und Güte, ihre Weisheit und Empathie haben Spuren hinterlassen, die eine Vielzahl von Schülerinnen und Schülern künftig weitertragen.  Auch ihren wunderbaren, trockenen Humor hat Frauke Stein als echte Ostfriesin in all den Jahren nie verloren. So werden wir sie in Erinnerung behalten, in Dankbarkeit dafür, dass wir diese bemerkenswerte Frau kennenlernen und ein kleines Stück des Weges an ihrer Seite gehen durften.

Saarbrücken, den 10. Juli 2023