Mai 2016

Journées d'étude 19.-20. Mai 2016 in Saarbrücken

Deutsch-französisches Netzwerk von Nachwuchswissenschaftlern tagte in Saarbrücken

MIT DEUTSCHER, FRANZÖSISCHER UND EUROPÄISCHER BRILLE

Macht, Öffentlichkeit und Perzeptionen – unter diesen Schlagworten standen die zwölften Journées d’étude, die vom 19. bis 20. Mai 2016 in Saarbrücken stattfanden. Hierbei handelt es sich um eine Veranstaltungsreihe, zu der zweimal jährlich Doktoranden und Studierende der Universität des Saarlandes und der Université Paris-Sorbonne abwechselnd in Paris und Saarbrücken zusammenkommen. Im Rahmen der Veranstaltung, die diesmal von der UdS auf dem Campusgelände ausgerichtet wurde, werden relevante Aspekte deutscher, französischer und europäischer Themen transnational und interdisziplinär unter die Lupe genommen. Die wissenschaftliche Leitung obliegt Professor Dietmar Hüser vom Lehrstuhl für Europäische Zeitgeschichte, seinem Vorgänger Rainer Hudemann, der die letzten Jahre eine Professur für Geschichte der deutschsprachigen Länder an der Sorbonne innehatte, sowie Hélène Miard Delacroix, die ebenfalls an der Sorbonne als Professorin für „Histoire et civilisation de l’Allemagne contemporaine“ tätig ist.

Markenzeichen der Veranstaltung sind ein breitgefächerter Methodenmix und hohe Interaktivität, bei der alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv gefordert sind: Bei der jüngsten Veranstaltung ergründeten sie gemeinsam in Arbeitsgruppen und Diskussionsrunden die Wechselwirkungen zwischen (nationalen) Perzeptionen, Stereotypen und internationalen Beziehungen sowie die Faktoren der Herausbildung von (öffentlichen) Perzeptionsmustern. Außerdem wurde der Einfluss von Medien auf die (Weiter-)Entwicklung von Perzeptionen und Stereotypen und dessen Grenzen untersucht. Dietmar Hüser zieht ein positives Fazit: „Neben der qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung bringt die Arbeit in Kleingruppen einen weiteren positiven Effekt: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen sich untereinander gut kennen und vernetzen sich.“ Ein Aspekt, der auch bei der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH) einen hohen Stellenwert genießt: Seit dem Jahr 2014 wird das Format im Rahmen des Programms zur Bildung thematischer Netze für Nachwuchswissenschaftler maßgeblich gefördert.

Auch ganz klassische Elemente eines Doktorandenkollegs kann die Veranstaltung vorweisen. Vornehmlich Promovierende, mitunter auch Postdocs oder Master-Studierende, stellen ihre Themen vor, die anschließend methodisch-inhaltlich diskutiert werden. Hier kommt dem Format wiederum seine transnationale und interdisziplinäre Ausrichtung zugute: Französischsprachige Vorträge werden auf Deutsch, deutschsprachige Vorträge auf Französisch kommentiert, sodass jedes Thema mit deutscher und französischer Brille betrachtet wird. Diesmal konzentrierten sich die Themen auf den Oberbegriff der Perzeptionen. Themen waren die politische Auseinandersetzung mit der Euro-Krise in Deutschland und in Frankreich, eine vergleichende Analyse über die Schaffung des Amtes des Bundesbeauftragten für kulturelle Angelegenheiten und Medien sowie innerfranzösische Städtepartnerschaften, die aus den Evakuierungen der nah an Deutschland gelegenen französischen Grenzgebiete im Jahr 1939 entstanden sind.

Einen Blick aus einer externen Perspektive bot der Vortrag des renommierten Medien- und Kulturhistorikers Andreas Fickers, der an der Universität Luxemburg die Professur für Zeit- und Digitale Geschichtswissenschaft innehat. Unter dem Thema „Zur symbolischen Konstruktion Europas in frühen Radio- und Fernsehdiskursen: Versuch eines diachronischen Vergleichs“ gab er einen differenzierten und – dank der eingespielten original Ton- und Filmdokumente aus den 50er Jahren – gleichermaßen unterhaltsamen Blick auf die frühe Radio- und Fernsehgeschichte Europas. Fickers legte anschaulich dar, dass unter der Bedienung nationaler Stereotypen transnationales und europäisches Fernsehen als Vehikel für ein friedliches Europa unter dem Leitbegriff der Völkerverständigung inszeniert wurde. An den Vortrag schloss sich eine anderthalbstündige intensive Diskussion an.

Der Vortrag des Gastes aus Luxemburg bedeutete für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen gelungenen Vorgeschmack auf das kommende Jahr: Dann wird die Veranstaltung in das zukunftsträchtige Format eines ebenfalls von der DFH geförderten deutsch-französisch-luxemburgischen Doktorandenkollegs modifiziert fortgesetzt. Zunächst finden aber im Oktober die letzten „Journées d’étude“ in Paris statt. Sie werden unter dem Motto „Macht, Öffentlichkeit und Partizipationsformen“ stehen.