Biogramm Roth

Marie-Louise Roth (1926–2014)

Die Erforschung des Œuvres Robert Musils bildet das Zentrum des wissenschaftlichen Wirkens dieser „europäischen Germanistin“, die seit 1954 Generationen französischer Germanistik-Studierender an der Universität des Saarlandes ausgebildet hat. Im November 1970 begründete sie die „Arbeitsstelle für Robert-Musil-Forschung“, die sie dann über dreißig Jahre lang leitete und zu einem durch Kolloquien, Ausstellungen und Publikationen international sichtbaren Kompetenzzentrum entwickelte.

Unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzler Bruno Kreisky erfolgte 1974 die Gründung der Internationalen Robert-Musil-Gesellschaft, deren Präsidentschaft die durch zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen hochgeehrte Professorin für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft bis 2001 innehatte und zu deren Ehrenpräsidentin sie anschließend ernannt wurde.

In ihrer in mehrere Sprachen übersetzten Autobiographie „Denk’ ich an Schelklingen“ hat sie 1999 ihre Erinnerungen an ihre Jugend beschrieben, insbesondere die Ende Oktober 1942 erfolgte Deportation aus dem Elsass in ein SS-„Umerziehungslager“ in Württemberg. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen gehörte die Tochter eines elsässischen Lehrerehepaars nach dem Krieg dann als überzeugte Humanistin zu der Generation, die mit besonderem Engagement für die deutsch-französische Aussöhnung eintrat und den uropäischen Gedanken propagierte und lebte.1

Wolfgang Müller