Das Fach Vor- und Frühgeschichte

Das Fach Vor- und Frühgeschichte (auch Ur- und Frühgeschichte oder Prähistorische Archäologie genannt) beschäftigt sich mit den Anfängen der kulturgeschichtlichen Entwicklung des modernen Menschen (und seiner ausgestorbenen Vorfahren) zu einer Zeit, für die es keine oder nur wenige Schriftquellen gibt. Im Gegensatz zu historischen Disziplinen steht daher die materielle Kultur im Fokus der Forschung. Für den europäischen Raum deckt die Vor- und Frühgeschichte (VFG) einen Zeitraum von der Altsteinzeit (Paläolithikum, ca. 1 Million Jahre vor heute) bis zum Ende des Frühmittelalters (ca. 1050 n. Chr.) ab. Damit umfasst die Vor- und Frühgeschichte den größten Teil der gesamten Geschichte des Menschen und der Menschwerdung. Durch die Beschäftigung mit langen Zeiträumen und teils großen geographischen Gebieten ermöglicht die archäologische Forschung Einblicke in langandauernde Entwicklungsprozesse wie das Zusammenspiel von Mensch und Umwelt, die Entstehung kultureller Identitäten oder den Umgang mit existenziellen Krisen wie sie in dieser Spannbreite nur selten in modernen Sozialwissenschaften beobachtet werden können.

Während die VFG Mitte des 20. Jahrhunderts noch als „Wissenschaft des Spatens“ umschrieben wurde, erfuhr das Fach in den vergangenen Jahrzehnten eine deutlich interdisziplinäre Ausrichtung. Mittlerweile zählen neben theoretischen Einflüssen aus den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften insbesondere Anwendungen aus den Naturwissenschaften zu den festen Bestandteilen der VFG. Neben der Botanik, Zoologie, Geologie oder Geografie halten in jüngster Zeit zunehmend auch computerbasierte Methoden aus der Informatik Einzug in die vor- und frühgeschichtliche Lehre und Forschung. Die Vor- und Frühgeschichte hat sich so in den letzten Jahren zu einer hochgradig interdisziplinär ausgerichteten Disziplin zur Erforschung vergangener Gesellschaften entwickelt.