Abschlussarbeiten

Allgemeine Anmerkung

Sollten Sie Interesse an mehrerer unserer Themen haben, bitten wir Sie, eine gemeinsame E-Mail an alle betroffenen Ansprechpartner zu schreiben, um unseren internen Organisationsaufwand somit zu verringern. Wir danken für Ihr Verständnis!

 

Themen für Abschlussarbeiten

In der AE Experimentelle Neuropsychologie bieten wir eine Reihe von Themen für Abschlussarbeiten an, sind aber auch offen für Eure eigenen Vorschläge. Bei empirischen Arbeiten habt Ihr bei uns die Chance, eine neuropsychologische Methode wie EEG zu erlernen und selbst anzuwenden. Während der Bearbeitung eines Projekts werdet Ihr bei uns individuell betreut. Wir freuen uns, wenn Ihr uns ansprecht! (Bei Interesse die Betreuer*innen direkt kontaktieren)

 

Der Einfluss des Kontexts auf das Erleben von Vertrautheit


Zwei-Prozess-Modellen des Rekognitionsgedächtnisses zufolge basiert episodisches Erinnern auf Vertrautheit und Rekollektion. Den beiden Prozessen werden unterschiedliche Korrelate im Ereignis-Korrelierten-Potential (EKP) zugeordnet. Die exakte funktionelle Bedeutung dieser sogenannten EKP Alt/Neu-Effekte ist noch nicht vollständig geklärt. In einem kürzlich erschienen Überblicksartikel gehen wir (Mecklinger & Bader, 2020) davon aus, dass der mutmaßliche Vertrautheitseffekt im EKP, die FN400, den Anstieg an relativer Vertrautheit durch den Lernvorgang wiederspiegelt und mit der Attribution von überraschend flüssiger Verarbeitung auf Altheit einhergeht (Whittlesea und Williams, 2001a, 2001b). Im Einklang mit dieser Theorie, ist die FN400 größer für seltene als für häufige Wörter (Bridger et al., 2014), da der relative Anstieg an Vertrautheit durch eine einmalige Präsentation für seltene Wörter größer ist als für häufige Wörter. In einer abgeschlossenen Masterarbeit konnten wir in zwei behavioralen Experimenten zeigen, dass relative Vertrautheit für seltene Wörter nur dann größer ist, wenn sie mit häufigen Wörtern gemischt, aber nicht, wenn die beiden Wortklassen getrennt präsentiert werden. Dies unterstreicht den wichtigen Aspekt der Überraschung in der Attribution von flüssiger Verarbeitung auf Vertrautheit. Aus den angeführten Ergebnissen ergibt sich die Hypothese, dass auch der Worthäufigkeitseffekt auf die FN400 davon abhängt, dass seltene und häufige Wörter gemischt präsentiert werden. Im Gegensatz dazu sollte die N400, von der man annimmt, dass sie die Leichtigkeit der semantischen Verarbeitung widerspiegelt, nicht davon abhängen, ob seltene und häufige Wörter gemischt oder geblockt präsentiert werden. In dieser Abschlussarbeit soll die Hypothese getestet werden, ob die Moderation des Worthäufigkeitseffektes durch den Kontext (gemischt/geblockt) für die FN400, nicht aber für die N400 zu finden ist.

 

Referenzen

Bridger, E. K., Bader, R., & Mecklinger, A. (2014). More ways than one: ERPs reveal multiple familiarity signals in the word frequency mirror effect. Neuropsychologia, 57, 179–190.

Mecklinger, A., & Bader, R. (2020). From fluency to recognition decisions: A broader view of familiarity-based remembering. Neuropsychologia, 146, 107527.

Whittlesea, B. W., & Williams, L. D. (2001a). The discrepancy-attribution hypothesis: I. The heuristic basis of feelings of familiarity. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 27(1), 3–13.

Whittlesea, B. W., & Williams, L. D. (2001b). The discrepancy-attribution hypothesis: II. Expectation, uncertainty, surprise, and feelings of familiarity. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 27(1), 14–33.

Ansprechpartnerin/Ansprechpartner: Regine Bader

 

Unterstützt Schemakongruenz beim Lernen das vertrautheitsbasierte Erinnern?

In aktuellen Theorien über Gedächtnis (z.B. Gilboa & Marlatte, 2017) geht man häufig davon aus, dass neue Informationen besser gelernt und erinnert werden können, wenn sie beim Lernen in Zusammenhang mit Vorwissen (so genannten Schemata) gebracht werden können.
In einer aktuellen Arbeit haben wir untersucht, wie sich schema-basiertes Lernen auf das Erinnern von neu gelernten Wortassoziationen (z.B. Gemüse-Bibel) auswirkt (Meßmer et al. 2024). Wir haben eine neue Hypothese getestet, nämlich, ob Vertrautheit zum Erinnern einer schema-kongruenten Assoziation beitragen kann, ein Prozess, der normalerweise dem Erinnern einzelner Items (z.B. Gemüse) vorbehalten ist. Möglich werde könnte dies durch die Bildung einer unitarisierten Repräsentation, die dann vertrautheitsbasiert erinnert werden kann.
Vertrautheit kann auf unterschiedliche Arten operationalisiert werden. In dem vorliegenden Experiment wurden Ereigniskorrelierte Potenziale (EKPs) erfasst, um den Beitrag von Vertrautheit zu schätzen. Die Ergebnisse unserer Studie deuten darauf hin, dass Vertrautheit tatsächlich zum Abruf einer neu gelernten Assoziation beitragen kann, wenn sie vorwissensbasiert gelernt wurde.
Neben EKPs können zur Schätzung von Vertrautheit auch so genannte ROCs (Receiver-Operating Characteristics) verwendet werden. Hier macht man sich zunutze, dass die Konfidenz, mit der ein gelerntes Item erinnert wird, einem bestimmten Muster folgt, wenn Vertrautheit am Erinnern beteiligt ist.
In einem Nachfolgeexperiment soll nun der Zusammenhang zwischen schema-basiertem Lernen einer Assoziation und ihrem vertrautheitsbasierten Abruf unter Verwendung von ROC-Kurven validiert werden. Dieses Experiment eignet sich als Bachelorarbeit.

 

Referenzen

Gilboa, A., & Marlatte, H. (2017). Neurobiology of Schemas and Schema-Mediated Memory. Trends in Cognitive Sciences, 21(8), 618–631. https://doi.org/10.1016/j.tics.2017.04.013

Meßmer, J. A., Bader, R., & Mecklinger, A. (2024). Schema-congruency supports the formation of unitized representations: Evidence from event-related potentials. Neuropsychologia, 108782. https://doi.org/10.1016/j.neuropsychologia.2023.108782

Yonelinas, A. P. (1994). Receiver-Operating Characteristics in Recognition Memory: Evidence for a Dual-Process Model. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 20(6), 1341–1354.

Ansprechpartner/in: Julia Meßmer & Axel Mecklinger

 

Der Einfluss von Unitarisierung auf das Assoziationslernen im Fast Mapping-Paradigma

Traditionellen Modellen des deklarativen Gedächtnisses zufolge beruht der Erwerb neuer Assoziationen auf dem Hippocampus. Eine Ausnahme zu dieser Regel bilden Assoziationen, die im Rahmen des „Fast Mapping“-Paradigmas gelernt wurden (Sharon et al., 2011). Ein zentraler Bestandteil im Fast Mapping ist das Lernen per Ausschlussverfahren. In jedem Lerndurchgang erscheint ein bisher unbekanntes Objekt (z.B. ein Vogel mit blauen Füßen) neben einem bisher bekannten Objekt (z.B. ein Flamingo). Dazu wird eine Frage präsentiert, in der nach einem unbekannten Namen gefragt wird (z.B. Hat der Lössel blaue Füße?). Durch das Zurückweisen des bekannten Objekts kann geschlussfolgert werden, dass der Vogel mit den blauen Füßen „Lössel“ heißt. In einer fMRT-Studie wurde gezeigt, dass der Erwerb neuer Assoziationen mittels Fast Mapping durch den perirhinalen Cortex vermittelt wird (Zaiser et al., 2022), eine Struktur, die mit der Verarbeitung unitarisierter Assoziationen in Verbindung gebracht wird (z.B. Haskins et al., 2008). Unitarisierung bedeutet, dass die einzelnen Bestandteile einer Assoziation zu einer Einheit integriert werden. In einer Abschlussarbeit soll nun geprüft werden, ob das Lernen von Assoziationen durch Fast Mapping durch einen Unitarisierungsmechanismus erklärt werden kann. Unitarisierte Assoziationen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie weniger flexibel sind als nicht-unitarisierte Assoziationen, d.h., dass ihre Bestandteile weniger leicht entkoppelt und in eine neue Assoziation gebunden werden können (Ozubko et al., 2017). In einer behavioralen Studie sollen die Abrufcharakteristika der erworbenen Assoziationen untersucht werden, indem geprüft wird, wie flexibel die per Fast Mapping gelernten Assoziationen abgerufen werden können.

 

Referenzen

Haskins, A. L., Yonelinas, A. P., Quamme, J. R., & Ranganath, C. (2008). Perirhinal cortex supports encoding and familiarity-based recognition of novel associations. Neuron, 59(4), 554–560. https://doi.org/10.1016/j.neuron.2008.07.035

Ozubko, J. D., Moscovitch, M., & Winocur, G. (2017). The influence of recollection and familiarity in the formation and updating of associative representations. Learning & Memory, 24(7), 298–309. https://doi.org/10.1101/lm.045005.117

Sharon, T., Moscovitch, M., & Gilboa, A. (2011). Rapid neocortical acquisition of long-term arbitrary associations independent of the hippocampus. Proceedings of the National Academy of Sciences, 108(3), 1146–1151. https://doi.org/10.1073/pnas.1005238108

Zaiser, A.-K., Bader, R., & Meyer, P. (2022). High feature overlap reveals the importance of anterior and medial temporal lobe structures for learning by means of fast mapping. Cortex, 146, 74–88. https://doi.org/10.1016/j.cortex.2021.07.017

Ansprechpartnerin: Lisa Festag & Regine Bader

 

Der Zauber steckt im Detail - Neuronale Prozesse des präzisen Erinnerns und ihre altersbedingten Veränderungen


Zwei-Prozess-Modelle des Erinnerns nehmen an, dass zwei unabhängige Prozesse für das erfolgreiche Erinnern notwendig sind: Vertrautheit und Rekollektion. Vertrautheit wird als kontinuierlicher Prozess beschrieben, der mit der Gedächtnisstärke variiert. Rekollektion hingegen ist dadurch charakterisiert, dass die Gedächtnisstärke einen bestimmten Schwellenwert überschreiten muss, sodass man sich überhaupt an etwas erinnern kann (Parks & Yonelinas, 2009).


Projekt 1: Neuronale Prozesse des präzisen Erinnerns

Interessanterweise zeigten Murray et al. (2015) in einer Studie, dass rekollektionsbasierte Erinnerungen nicht alle die gleiche Qualität aufweisen, sondern sich hinsichtlich ihrer Präzision unterscheiden. Dies zeigte sich auch im EKP-Korrelat für Rekollektion, welches in Abhängigkeit der Genauigkeit der erinnerten Inhalte variierte. Im Gegensatz dazu wurde kein Zusammenhang zwischen der Präzision und dem EKP-Korrelat der Vertrautheit gefunden. Daraus schlussfolgerten die Autoren, dass sich präzises Erinnern ausschließlich auf Rekollektion stützt. In dieser Abschlussarbeit soll nun eine methodische Feinheit in Bezug auf diese Interpretation genauer untersucht werden: Murray et al. (2015) haben zwar das präzise Erinnern in Zusammenhang mit dem Prozess der Rekollektion gebracht, aber der Befund, dass exaktes Erinnern nicht vertrautheitsbasiert erfolgen kann, wird durch das verwendete Paradigma nicht eindeutig gestützt. Grund hierfür ist, dass in der Testphase ausschließlich vorher gelernte Wörter verwendet wurden, sodass es keine „echten“ neuen Wörter in der Testphase gab, die für die Analyse eines alt/neu-Effekts (als Korrelat für Vertrautheit oder Rekollektion) eigentlich benötigt werden. Deshalb konnten die EKP-Effekte ausschließlich in Bezug zu den verschiedenen Präzisionsstufen der erinnerten Wörter betrachtet werden. In einer EKP-Studie mit jungen Versuchspersonen soll nun untersucht werden, ob sich das Befundmuster von Murray et al. (2015) auch mit traditionellen alt/neu-Effekten mit neuen Stimuli einstellt oder nicht. Hierfür werden Objekte und deren Positionen auf einem Kreis gelernt. In der Testphase müssen die Versuchspersonen für jedes Objekt die gelernte Position auf dem Kreis erinnern. Die Präzision des Erinnerns wird dann durch den Abstand zwischen der erinnerten Position auf dem Kreis und der tatsächlichen Position bestimmt. Zusätzlich werden auch vollkommen neue, nicht gelernte Objekte getestet, sodass auch die EKP-Korrelate für Rekollektion und Vertrautheit untersucht werden können.

Literatur

Murray, J. G., Howie, C. A., & Donaldson, D. I. (2015). The neural mechanism underlying recollection is sensitive to the quality of episodic memory: Event related potentials reveal a some-or-none threshold. NeuroImage, 120, 298–308. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2015.06.069

Parks, C. M., & Yonelinas, A. P. (2009). Evidence for a memory threshold in second-choice recognition memory responses. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 106(28), 11515–11519. https://doi.org/10.1073/pnas.0905505106

 

Projekt 2: Der Einfluss des Alterns auf die Präzision des Erinnerns

Der Prozess des gesunden Alterns ist dadurch charakterisiert, dass Vertrautheit weitestgehend intakt bleibt und Rekollektion deutlich abnimmt (Koen & Yonelinas, 2016). Korkki et al. (2020) haben in einem Verhaltensexperiment gezeigt, dass ältere und jüngere Personen zwar eine ähnliche generelle Gedächtnisleistung (Quantität) erreichen, es aber deutliche Altersunterschiede in der Präzision des Erinnerns (Qualität) gibt. Es stellt sich die Frage, inwiefern altersbedingte Unterschiede in den zugrundeliegenden neuronalen Prozessen zu der schlechteren Präzision des Erinnerns bei älteren Personen beitragen. In einer EEG-Studie mit jüngeren und älteren Versuchspersonen soll untersucht werden, welche Rolle Rekollektion und Vertrautheit für Quantität und Präzision des Erinnerns spielen und ob das altersbedingte Rekollektionsdefizit zu der Abnahme in der Präzision des Erinnerns bei älteren Personen beiträgt.


Literatur

Koen, J. D., & Yonelinas, A. P. (2016). Recollection, not familiarity, decreases in healthy ageing: Converging evidence from four estimation methods. Memory, 24(1), 75–88. https://doi.org/10.1080/09658211.2014.985590

Korkki, S. M., Richter, F. R., Jeyarathnarajah, P., & Simons, J. S. (2020). Healthy ageing reduces the precision of episodic memory retrieval. Psychology and Aging, 35(1), 124–142. https://doi.org/10.1037/pag0000432

Ansprechpersonen: Véronique Huffer & Axel Mecklinger

 

Unlocking Memory Magic: The Power of Event Boundaries in Event Segmentation

Our daily lives unfold continuously, yet memories tend to be organized into discrete episodes. An influential framework that provides an explanation of how continuous activity is segmented into meaningful subunits to guide attention and memory is Event Segmentation Theory (EST). According to EST, individuals form working memory representations known as event models to grasp the current situation. These models are stable and guide predictions when predictions align with the actual events. However, at an event boundary where the current model fails, a PE (prediction error) is triggered that initiates an updating of the situation model. (Kurby & Zacks, 2008).
For instance, if you are watching a person putting on a pair of shoes, you can use your representation of the shoes-tying event to predict that after the first shoe has been tied, the person will move to the second one. Once both shoes have been tied, however this event representation will no longer be helpful to generate accurate predictions, causing levels of prediction error to increase. At this point the system triggers an updating in which a new set of event representations is formed and an event boundary perceived.

This updating can have wide-ranging cognitive consequences, including improvements in memory for information preceding the boundary, but also the memory for the event boundary itself is boosted (Heusser et al, 2018).
Significant insights into the neural foundations of event segmentation have also been obtained through event-related potentials (ERPs). An important ERP component is the Subsequent Memory Effect (SME), which involves examining the ERP differences between words that are later remembered and those that are forgotten by analyzing the EEG activity during encoding.
Thus far, research on event segmentation and its mnemonic effects has mainly focused on simple stimuli such as words or pictures. Therefore, the main goal of this project is to investigate whether the principles of predictive processing and their mnemonic consequences also apply to larger and more naturalistic tests.
At present, we have developed and validated a naturalistic stimulus material set and the ERP study is currently in preparation. The B.Sc. or M.Sc. thesis will focus on exploring how memories for the event boundary itself are formed and retrieved.  The thesis will entail not only analyzing the behavioral aspects of memory performance but also investigating the ERP correlates of subsequent memory Effect (SME) related to event boundaries.
 

References:

Kurby, C. A., & Zacks, J. M. (2008). Segmentation in the perception and memory of events. Trends in Cognitive Sciences, 12(2), 72–79.

Heusser, Andrew C., Youssef Ezzyat, Ilana Shiff, and Lila Davachi. “Perceptual Boundaries Cause Mnemonic Trade-Offs between Local Boundary Processing and across-Trial Associative Binding.” Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition 44, no. 7 (July 2018): 1075–90.

Contact persons: Doruntinë Zogaj & Axel Mecklinger