Die führenden Tendenzen in den letzten Inszenierungen der LICHT-Werke Karlheinz Stockhausens

Dr. Katharina Grohmann (GALB)

Der vorliegende Vortrag ist ein Versuch einer vergleichenden Nebeneinanderstellung einiger Inszenierungen der LICHT-Opern Karlheinz Stockhausens in den letzten 10 Jahren, wobei die erste Oper des LICHT-Zyklus - DONNERSTAG aus LICHT - im Mittelpunkt der aktuellen komparativen Betrachtung steht. Diese Oper erlebte zwei aufeinanderfolgende Produktionen, von denen die Letztere im Herbst 2018 in der Pariser Opera Comique stattfand und weitgehend werkgetreu war. Die vorletzte Produktion in Basel 2016 basierte dagegen auf einer innovativen Konzeption, welche die vom Komponisten detailliert festgelegte Handlung zum Teil durch eine eigenständige Konzeption der Regisseurin ersetzte. Zum anderen wurde die grundsätzlich vorhandene autobiographische Komponente ausgeweitet und stellenweise mit Psychologismus angereichert, den es in Stockhausens Opern in diesem Ausmaß prinzipiell kaum gibt. Es stellt sich die Frage, inwiefern der konzeptionelle Wandel durch den vermeintlichen künstlerischen Fortschritt gerechtfertigt ist. Stockhausen hielt jede Bewegung und Handlung in der Partitur fest und betrachtete sie als „Timing“ für nachfolgende Aufführungen, nicht zuletzt, weil die szenischen Elemente auch ein Parameter seines seriellen Denkens waren. So zeigte beispielsweise die Uraufführung der Oper MITTWOCH in Birmingham im Jahr 2012 einen Weg, die Szenen vergleichsweise frei zu gestalten, ohne von der Vision des Komponisten abzuweichen.
Demzufolge ist es äußerst aufschlussreich, den Trend zu verfolgen, der sich von der Basler Inszenierung zur Pariser Inszenierung der Oper DONNERSTAG herauskristallisiert hat. Auch die zuletzt szenisch realisierte Oper Stockhausens - FREITAG aus LICHT – die im November letzten Jahres in Paris inszeniert wurde, zeigt die Tendenz, einige komplexe Themen zu minimieren, um die Visualisierungsmethode zu vereinfachen und zu verfeinern. Liegt die Zukunft der LICHT-Opern Stockhausens beim unvermeidlichen „Regietheater“ oder ist eine vom Komponisten selbst bevorzugte Balance zwischen den Vorgaben des Komponisten und einer Vision der szenischen Realisierung möglich?

 

Katerina Grohmann studierte Musikwissenschaft an der Musikhochschule Minsk. Bereits in dieser Zeit stand das Schaffen Karlheinz Stockhausens im Fokus Ihres wissenschaftlichen Interesses, dieser thematische Schwerpunkt bedingte auch das Promotionsstudium an der Universität zu Köln. Mehrfache Stipendiatin des DAAD und des Goethe-Instituts. Langjährige Tätigkeit als freischaffende Musikwissenschaftlerin, regelmäßige Teilnahme als Dozentin an den Stockhausen-Kursen in Kürten. Auch in verschiedenen Bereichen des musikpädagogischen Spektrums seit Jahren intensiv tätig.