Mit Elektronik? Von Aufführungsangaben mit Technologien zum Datensatz

Miriam Akkermann (TU Dresden)

Die symbiotische Verbindung zwischen dem Entstehungsprozess der Musik und den dabei genutzten Technologien sowie das Fehlen übergreifender Standards bei der Dokumentation der technischen Elemente werfen vielfältige Herausforderungen auf. Besonders hervor stechen die sehr unterschiedlichen Begrifflichkeiten die bei der Benennung der involvierten Technologien zu finden sind. Dies ist u.a. Veränderungen in der Begriffsverwendung geschuldet, die zu Überschneidungen mit Kategorie- und Genrebezeichnungen führen können, aber auch sprachlichen Unterschieden (Englisch, Französisch, Deutsch). So ist beim Begriff ‚Computer‘ nicht klar erkennbar, welche Technologie im Einsatz war, und der Begriff ‚Électronique‘ kann im Französischen grundsätzlich sehr unterschiedliche Technologien – von Tonband über analoge Synthesizer bis hin zu digitalen Aufführungsumgebungen – beschreiben während er auf Deutsch u.a. in der Liste mit normierten Besetzungsangaben der GND als Überbegriff von 'Computermusik' und 'musique concrete' gelistet ist (1).

Der Fokus meines Betrags richtet sich auf die Benennungen von Technologien und digitalen Musikinstrumenten wie sie in Programmheften und Konzertbeschreibungen zu finden sind. Am Beispiel von Aufführungsangaben zu Mixed Music-Kompositionen, die in zwei Dekaden (1980er/2000er) am Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique IRCAM in Paris (F) erarbeitet und/oder aufgeführt wurden (2), möchte ich zeigen, welche Bandbreite an Benennungen existieren und diskutieren, welche Herausforderungen sich bei der Kategorisierung dieser Angaben ergeben – ein Schritt, der nötig ist, um die Aufführungsangaben in einen Datensatz zu übertragen – und welche Möglichkeiten der musikwissenschaftlichen Betrachtung sich an einem solchen Datensatz eröffnen.

(1)  Vgl. DNB, „Liste der normierten Besetzungsangaben“, online: wiki.dnb.de/download/attachments/106042227/AH-001.pdf, (abgerufen am 15. Juli 2021).
(2)  Miriam Akkermann, „Datensatz Aufführungsangaben zu Aufführungen von Mixed Music-Kompositionen erarbeitet und aufgeführt am IRCAM in den 1980er und 2000er Jahren“. Erstellt 2015-2022 u.a. am IRCAM in Paris.

 

Miriam Akkermann ist Musikwissenschaftlerin und Klangkünstlerin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, Computermusik und Musiktechnologie, Digital Musicology, sowie die Untersuchung von musikalischen Aufführungspraktiken und Archivierung von Musik.
Seit 2019 hat sie die Juniorprofessur für Empirische Musikwissenschaft an der TU Dresden inne; seit November 2022 ist sie Forschungskoordinatorin das MSCA DN Lullabyte und leitet hierin ein Teilprojekt, in dem die Wirkung von Musik auf den Schlaf mit Fokus auf die Musik unter Berücksichtigung kultureller Einflüsse untersucht wird.
In ihrer künstlerischen Arbeit liegt der Schwerpunkt im Bereich Klangkunst, Improvisation und Elektroakustische Musik.