Vergiss das sogenannte Künstlich-Intelligente nicht! Eine Inhaltsanalyse zur Berichterstattung über Künstliche Intelligenz in Musikmedien

Prof. Dr. Nicolas Ruth, Lena Wecker B. A., Kristin Marie Zickler M. A. (Hochschule für Musik und Theater München)

Eine Künstliche Intelligenz (KI) vollendet Beethovens 10. Symphonie, Riffusion generiert Songs und ChatGPT hilft Journalist*innen beim Verfassen von Artikeln. Das Thema Künstliche Intelligenz ist seit kurzem in aller Munde und erfüllt Menschen mit Skepsis, Neugier und sogar Furcht. Besonders unter kreativen Personen wurden die Möglichkeiten, die KI bieten, früh erprobt und diskutiert. Der aktuelle Diskurs über diese Technologie ist vielschichtig und kontrovers, aber keineswegs neu. Als erste wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema gelten meist die Arbeiten von Alan Turing oder das erste Arbeitstreffen von KI-Forschenden im Jahr 1956 am Dartmouth College. Der öffentliche Diskurs in den Medien über KI war anfangs noch kaum vorhanden und nahm Ende der 2010er Jahre stark zu (Sun et al., 2020). Wie und seit wann sich Künstler*innen, Journalist*innen und Expert*innen im Bereich Musik mit dieser Thematik auseinandersetzen, ist jedoch noch wenig erforscht. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen:
Wie häufig wurde seit dem Jahr 2016 (die KI AlphaGo besiegt einen menschlichen Go-Profispieler) in deutschen Printmedien aus dem Bereich der Musik über KI berichtet? Wie wurde die Technologie in den Musikmedien beurteilt und akzeptiert?
Mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse wurden bisher 18.486 Artikel aus den Musikfachzeitschriften Neue Musikzeitung, Rondo, Musik & Bildung, Musikwoche und Sound & Recording analysiert. Davon beinhalteten 59 (0,3%) das Thema KI. Die Inhalte der Artikel wurden aus verschiedenen theoretischen Perspektiven wie dem Framing (Entman, 1993) und dem Technology Acceptance Model (Davis, 1985) bewertet.
Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass ab dem Jahr 2019 die Zahl der Berichte zum Thema KI deutlich ansteigt. Die journalistischen Artikel scheinen überwiegend neutral zu berichten, wobei einige Fachmedien überhaupt keine Publikationen zum Thema veröffentlichten (z. B. Rondo). Bis zur Tagung sollen weitere Detailanalysen erstellt und zusätzliche Artikel aus Magazinen aus dem Bereich der populären Musik (z. B. Rolling Stone, Groove, Backspin) ausgewertet werden.

 

Nicolas Ruth, Prof. Dr. phil., Jahrgang 1986, ist Professor für Digitale Kommunikation in der Musik- und Entertainmentindustrie an der Hochschule für Musik und Theater München. Davor war er von 2021 bis 2022 Vertretungsprofessor für Systematische Musikwissenschaft an der Universität Hamburg. Von 2019 bis 2021 arbeitete er als PostDoc Research Fellow am Department of Psychology des Goldsmiths College, University of London. Im Mai 2019 erhielt er ein Feodor-Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung, das seine Stelle in London finanzierte. Davor war er von 2012 bis 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut Mensch-Computer Medien (Arbeitsbereich: Medien- und Wirtschaftskommunikation) der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, wo er 2018 zum Thema Repräsentation und Wirkung prosozialer Musik promovierte.  Er studierte Musikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie Populäre Musik und Medien (Musik-, Medien- und Wirtschaftswissenschaft) an der Universität der Informationsgesellschaft Paderborn. Praktische Erfahrungen sammelte er im Event-Management beim internationalen Bandwettbewerb Emergenza, im Radio bei der Hörfunkschule Frankfurt und als Musiker.
Nicolas Ruth publizierte in zahlreichen wissenschaftlichen Zeitschriften wie „International Journal of Music Business Research“, „Psychology of Music“ oder „Journal of Radio & Audio Media“ und ist als Reviewer für Fachjournals wie, „Musicae Scientiae“ sowie „Mobile Media & Communication“ tätig. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Bereichen Musikmanagement und -psychologie. In seiner aktuellen Forschung beschäftigt er sich mit dem alltäglichen Musikhören über Smartphones, dem Einfluss von Musikstreamingplattformen auf Musikkonsum und -produktion sowie der Wissenschaftskommunikation auf TikTok.

Die Arbeit ist zusammen mit Lena Wecker und Kristin Marie Zickler entstanden.

Kristin Marie Zickler, geboren 1982. Studium der schwedischen und deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universiteit Gent sowie Musikwissenschaft an Lunds universitet. Erfahrung im Projektmanagement und in der Lehre. Seit Oktober 2014 praktische Organisation des Masterstudiengangs Kultur- und Musikmanagement. Seit Mai 2021 wissenschaftliche Mitarbeiterin und Studiengangskoordinatorin des Masterstudiengangs Digitale Kommunikation in der Musik- und Entertainmentindustrie.

Lena Wecker, geboren 1997. Bachelorabschluss in Journalismus und Public Relations an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Freie Texterin und  gelegentlich Schauspielerin im Ensemble des Koblenzer Jugendtheaters und der Kleinkunstbühne „Café Hahn“ in Koblenz. Seit Oktober 2021 Studentin des Masterstudiengangs Kultur- und Musikmanagement sowie wissenschaftliche Hilfskraft für Digitale Kommunikation in der Musik- und Entertainmentindustrie am Institut für Kulturmanagement und Medien.