Forschungsprojekte und -kooperationen im Bereich Informatik

In den Drittmittelprojekten und Forschungskooperationen im Schwerpunkt „Informatik“ und am Saarland Informatics Campus forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der UdS an rund 30 Themen. Angefangen bei Theoretischer Informatik, Formalen Methoden, Algorithmen und Komplexität, über Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen, Computerlinguistik bis zu Eingebetteten Systemen und Sprachverarbeitung.

Im Folgenden haben wir für Sie eine Auswahl der aktuell laufenden Forschungsprojekte und -kooperationen im Bereich Informatik zusammengestellt. Welche unter anderem von der DFG, der Europäischen Kommission oder Bundesministerien gefördert werden.

 

Interdisciplinary Institute for Societal Computing (I2SC)

Das Interdisciplinary Institute for Societal Computing (I2SC) fördert die interdisziplinäre Forschung an der Universität des Saarlandes und bietet eine Plattform für den Austausch zwischen Sozial-, Geistes- und Computerwissenschaften. Es wurde 2023 gegründet und wird von Ingmar Weber, Alexander von Humboldt-Professor für Künstliche Intelligenz, und Daniela Braun, Professorin für Politikwissenschaft, geleitet.

Die Forschungsarbeit des Instituts gliedert sich in zwei Hauptbereiche: Computing of Society und Computing for Society. Der erste Schwerpunkt konzentriert sich auf den Einsatz computergestützter Methoden zur Erforschung sozialer Phänomene. Der zweite Schwerpunkt liegt in der Nutzung dieser Methoden zur Entwicklung von Ansätzen zur Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Das I2SC hat sich zum Ziel gesetzt, Forschung zu betreiben, die nicht nur innerhalb der akademischen Welt, sondern auch darüber hinaus ausstrahlt, indem es Partnerschaften mit einer Vielzahl von Akteuren vor Ort wie zivilgesellschaftlichen Organisationen, Unternehmen und Regierungen eingeht.

 

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Im Schwerpunkt Informatik und Saarland Informatics Campus (SIC) sind zwei Sonderforschungsbereich (SFB), davon ein sogenannter Transregio bei denen mehrere Hochschulen eng zusammenarbeiten, sowie eine Graduiertenschule angesiedelt.

 

Sonderforschungsbereiche (SFB)

SFB/TRR 248: Grundlagen verständlicher Software-Systeme – für eine nachvollziehbare cyber-physische Welt
  • Projektleitung: Prof. Dr. Holger Herrmanns (Dependable Systems and Software)
  • Förderzeitraum: seit 2019
  • Sprecherhochschule: Universität des Saarland

Ob in autonomen Fahrzeugen oder Industrie 4.0, im Smart Home oder in den Smart Cities der Zukunft – Computerprogramme wirken zunehmend an Aktivitäten und Entscheidungen mit, die den Menschen direkt betreffen. Allerdings ist unser Verständnis, wie derart komplexe Systeme interagieren und welche Gründe zu welchen Entscheidungen führen, völlig unzureichend. Es fehlt den Systemen an Mechanismen, ihr eigenes Verhalten plausibel zu machen. Durchgängig verständliche Systeme stellen somit eine bisher weitestgehend ungelöste wissenschaftliche Herausforderung dar. Der Sonderforschungsbereich nimmt sich dieser Herausforderung an und legt die Grundlagen für computergestützte Systeme der Zukunft, die ihre Funktionalität und ihr Verhalten erläutern.

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SFB 1102: Informationsdichte und sprachliche Kodierung (IDeaL)
  • Projektleitung: Prof. Dr. Elke Teich (Englische Sprach- und Übersetzungswissenschaft)
  • Förderzeitraum: seit 2014

Variation im Sprachsystem wird üblicherweise mit dem Konzept der Komplexität in Verbindung gebracht. Dies erweist sich aber als nicht hinreichend präzise für eine adäquate Modellierung sprachlicher Prozesse. Neuere linguistische Forschungsarbeiten weisen auf eine Korrelation zwischen Komplexität in der Verarbeitung und kontextuell bestimmter Vorhersagbarkeit hin. Dies legt die Annahme nahe, dass Komplexität durch den Shannonschen Informationsbegriff adäquat repräsentiert werden kann, hier als "Surprisal" bezeichnet. Der Sonderforschungsbereich verfolgt die Hypothese, dass Verarbeitungskomplexität durch Surprisal reflektiert wird und dass Variation im Sprachgebrauch durch optimale Informationsverteilung über ein sprachliches Signal charakterisiert werden kann. Sprecher nutzen die verfügbare sprachliche Variation in ihren Kodierungen, indem sie die Abfolge, Dichte und Spezifizität eines Ausdrucks modulieren. Der Sonderforschungsbereich untersucht, zu welchem Grad Surprisal und verwandte informationstheoretische Konzepte eine Erklärung für die beobachteten Variationsmuster auf verschiedenen sprachlichen Ebenen und im Zusammenspiel der Ebenen liefern können.

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Weitere DFG-geförderte Projekte

GRK 2853: Neuroexplizite Modelle für Sprachverarbeitung, Bilderkennung und Aktionsentscheidungen

Am neuen Saarbrücker Graduiertenkolleg „Neuroexplicit Models of Language, Vision, and Action“ wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler systematische Grundlagen für den Ansatz entwickeln, der in Expertenkreisen auch als die „dritte Welle“ der Künstlichen Intelligenz bezeichnet wird – sogenannte „neuroexplizite Modelle“. Diese verbinden das Beste bisheriger KI-Ansätze zu einem Ganzen, das sicherer, verlässlicher und verständlicher werden soll. Beteiligt am Forschungsverbund sind am Saarland Informatics Campus die Fachrichtungen Informatik und Mathematik sowie Sprachwissenschaft und Sprachtechnologie der Universität des Saarlandes, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und die Max-Planck-Institute für Informatik und für Softwaresysteme. Auch das nahegelegene CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit ist Projektpartner. “Bei unserem Graduiertenkolleg handelt es sich um die erste Forschungsinstitution zu neuroexpliziten Modellen in Europa. Wir sind damit Vorreiter, denn das Interesse an der Thematik nimmt in internationalen Expertenkreisen rapide zu”, sagt Alexander Koller, Professor für Computerlinguistik an der Universität des Saarlandes und Sprecher des neuen Graduiertenkollegs. 

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Europäische Kommission (ERCs)

Die folgenden Forschungsprojekte im Schwerpunkt Informatik werden durch die Europäische Kommission gefördert und von der Universität des Saarlandes und den anderen am Saarland Informatics Campus (SIC) beteiligten Forschungseinrichtungen koordiniert. Hierzu zählen auch die verschiedenen Förderungen des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC).

 
ADA - Automata, Dynamics and Actions

ERC Advanced Grant

Dieses Projekt liegt an der Schnittstelle zwischen komplexer und symbolischer Dynamik, Gruppentheorie, Entscheidungsproblemen und Berechnungen. Es zielt darauf ab, wichtige Probleme in jedem dieser Bereiche mithilfe automatischer Aktionen und Beziehungen zu lösen. Endliche Zustandsautomaten, die in der theoretischen Informatik allgegenwärtig sind, werden dazu dienen, selbstähnliche mathematische Objekte zu definieren und effiziente Algorithmen zu deren Handhabung zu entwickeln.

Brains On Code - Neurowissenschaftliche Sichtweise auf das Programmieren

ERC Advanced Grant

Unser Alltag hängt immer mehr von zuverlässigen Softwareanwendungen und -systemen ab. Software zu programmieren ist im Endeffekt eine Tätigkeit des Menschen. Beim Programmieren ist man im hohen Maße auf geeignete Programmiersprachen, Werkzeuge und die passende Ausbildung angewiesen. Ziel des EU-finanzierten Projekts Brains On Code ist, die Programmiererinnen und Programmierer und ihre beruflichen Aktivitäten zu verstehen, um sie bei ihrer Arbeit besser unterstützen zu können. Zu diesem Zweck setzt Brains On Code neurowissenschaftliche Methoden ein, um die kognitiven Prozesse und Faktoren aufzudecken, die das Verständnis von Programmen beeinflussen. Brains On Code wird neuartige Einblicke in die Programmierausbildung, Programmiersprachen und das Design von Werkzeugen sowie die notwendigen Kompetenzen für eine Karriere in der Softwarebranche und darüber hinaus liefern.

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Feel-XR - Feel-through Haptic Feedback for Augmented and Virtual Reality

ERC Proof of Concept

  • Projektleitung: Prof. Dr. Jürgen Steimle (Human-Computer Interaction and Interactive Technologies)
  • Förderzeitraum: 2023–2024

Was bis vor Kurzem noch wie Science-Fiction wirkte, kann schon bald Wirklichkeit werden: virtuelle Welten im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbar“ zu machen. Jürgen Steimle, Informatik-Professor der Universität des Saarlandes, möchte dies mittels hauchdünner elektronischer Folien erreichen, die wie Abzieh-Tattoos auf den Körper aufgetragen werden können. Um die Technologie, die er mit seiner Forschungsgruppe im Rahmen des EU-geförderten Projektes „InteractiveSkin“ entwickelt hat, näher zur Marktreife zu bringen, wird Steimle nun erneut durch den Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem sogenannten „Proof-of-Concept-Grant“ unterstützt.

Weitere Informationen zum ERC-Grant Feel-XR

IDDISC - Individualisierte Interaktion im Diskurs

ERC Starting Grant

Menschen passen den Inhalt und die Form ihrer Äußerungen an unterschiedliche Gesprächspartner an (Studenten vs. Kollegen vs. Oma) und überwachen den Grad des Verständnisses ihres Gesprächspartners (indem sie seine Reaktionen beobachten). Heutige NLP-Systeme sind jedoch nicht dafür ausgelegt, bemerken zu können, was der Gesprächspartner verstanden hat und darauf zu reagieren. Das wiederum kann zu Missverständnissen und mangelnder Natürlichkeit in der Interaktion führen.

Die Vision des Projekts IDDISC ist es, die individualisierte Sprachinteraktion mit Computersystemen zu ermöglichen: Die von einem System generierten Informationen oder Erklärungen sollen zum Benutzer und zur Situation passen. Dazu soll explizit modelliert werden, was ein Nutzer verstanden hat. Dieses Projekt wird Neuland betreten, indem es individuelle Unterschiede im Verstehen auf der Pragmatik- und Diskursebene adressiert. Dabei geht es insbesondere um die Inferenz von abgeleiteten Bedeutungen, die über die wörtliche Bedeutung einer Äußerung hinausgehen.

Das Projekt IDDISC wird somit ermöglichen, das Risiko von Missverständnissen zu reduzieren und eine Anpassung der automatisch generierten Sprache (z. B. Erklärungen, Zusammenfassungen) an bestimmte Benutzer zu ermöglichen. Im Rahmen des Projekts sollen auch neuartige statistische Methoden und Crowd-Sourcing-Paradigmen entwickelt werden, die besonders auf die Untersuchung von individuellen Unterschieden abgestimmt sind.

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SafeSecS - Abstractions for Safe and Secure HW-SW Systems

ERC Advanced Grant

Viele sicherheitskritische Bereiche unseres Alltags werden von Computersystemen gesteuert – seien es Airbag-Steuerungen in Fahrzeugen, Flugzeugfahrwerke oder auch grundlegende Infrastrukturen wie die Energieversorgung und Telekommunikation. Ein zentraler Aspekt solcher Computersysteme – die Hardware-Software-Schnittstelle – macht die Entwicklung von sicheren Anwendungen jedoch grundsätzlich unmöglich. Das wurde 2018 sehr deutlich, als erstmals Spectre- und Meltdown-Angriffe beobachtet wurden. Seither kämpft die Hardware- und Softwareentwicklung damit, die entsprechenden Schwachstellen zu minimieren. Das EU-finanzierte Projekt SafeSecS geht dieses Problem durch die Schaffung eines neuen Rahmens an, der wesentliche Sicherheitsmerkmale auf der Softwareebene zusätzlich zu neuen Hardware-Software-Verträgen garantieren soll.

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SAML - Society-Aware Machine Learning: The paradigm shift demanded by society to trust machine learning.

ERC Starting Grant

Künstliche Intelligenz kommt in vielen sensiblen Bereichen zum Einsatz, was die Debatte über Fairness und Vorurteile anheizt. Um sicherzustellen, dass künstliche Intelligenz alle Kriterien für Fairness und Vertrauenswürdigkeit erfüllt, müssen bei der Ausgestaltung von Technologien alle relevanten Interessengruppen in die Entwicklung des maschinellen Lernens einbezogen werden. Hier kommt das EU-finanzierte Projekt SAML ins Spiel, dessen Ziel es ist, einen völlig neuen methodischen Ansatz für die Entwicklung von Algorithmen für maschinelles Lernen zu erarbeiten. Der Ansatz wird die Interessen aller von einem Algorithmus betroffenen Parteien berücksichtigen und letztlich zu gerechteren, von der Gesellschaft akzeptierten Anwendungen des maschinellen Lernens beitragen.

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S3 – Semantics of Software Systems

ERC Advanced Grant

In diesem vom European Research Council mit einem Advanced Grant geförderten Projekt entwickelt Prof. Dr. Andreas Zeller zusammen mit seinem Team Software-Bots, die Softwaresysteme automatisch testen, debuggen und überwachen – alle Arten von Systeme, überall und jederzeit.

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TIPEA - Technology Transfer between Integer Programming and Efficient Algorithms

ERC Starting Grant

Das Rucksackproblem gehört zu einer Klasse mathematischer Probleme, die dafür bekannt sind, die Grenzen der Informatik auszureizen. Ziel des EU-finanzierten Projekts TIPEA ist es, anspruchsvolle ganzzahlige Programmierprobleme im Zusammenhang mit einer Liste von Rucksackproblemen zu lösen, einschließlich der Teilmengensumme und der Partition von Zahlen. Die Kombination effizienter algorithmischer Werkzeuge mit Studien zur Strukturtheorie und zu bedingten Untergrenzen wird es den Forschenden erlauben, die bestmöglichen Algorithmen für diese weitverbreiteten Rechenprobleme abzuleiten. Die neuen Algorithmen könnten sich auch bei der Untersuchung von Polynomialzeitproblemen als nützlich erweisen.

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Bundesministerien

Die folgenden Forschungsprojekte im Schwerpunkt Informatik und am Saarland Informatics Campus (SIC) werden aktuell durch verschiedene Bundesministerien gefördert.

K3I-Cycling - KI-gestützte Optimierung der Kreislaufführung von Kunststoffverpackungen

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) | Verbundvorhaben

Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) nutzen, um die Nachhaltigkeit von Kunststoffverpackungen zu verbessern – das ist Ziel einer neuen BMBF-Fördermaßnahme, die jetzt an den Start gegangen ist. Das Projekt nimmt die gesamte Wertschöpfungskette vom Design bis zum erneuten Eintreten in den Kreislauf in den Blick. Es hat eine Laufzeit von drei Jahren. Daran beteiligt ist auch der Lehrstuhl für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes.

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SILK - Synthese linguistischer Korpusdaten

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) | Verbundvorhaben

Im Gegensatz zu Tech-Konzernen können mittelständische Unternehmen meist nur auf wenige Dialoge mit Kunden zurückgreifen, um Chatbots für Kundengespräche zu entwickeln. Ein Forschungsverbund, an dem Wissenschaftler der Saar-Universität beteiligt sind, möchte das ändern. Die Projektpartner möchten ein Sprachdialogsystem entwickeln, das mit wenigen Daten auskommt, am Ende aber genauso gut ist wie ein System eines IT-Konzerns.

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