Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Mittelalters gerne als jene Phase beschrieben, in der die kulturellen Grundlagen für die spätere Entwicklung Europas gelegt wurden. Dabei hob man Phänomene wie die Christianisierung oder das Städtewesen hervor, vernachlässigte aber den Blick auf den Einsatz des Wortes „Europa“ durch die Zeitgenossen. Die Untersuchung von dessen durchaus eigenständiger Entwicklung kann aber überraschende Perspektiven eröffnen: Angesichts der aktuellen Debatten um Migrationsphänomene fällt etwa auf, dass die Entstehung der in Europa verorteten Völker zumeist mit Migrationsgeschichten erklärt wurde. Dabei spielte ab dem Hochmittelalter die Grenze zwischen Europa und Asien eine prominente Rolle. Der Vortrag will zeigen, wie die Entwicklung der mittelalterlichen Europa-Vorstellung grundlegend mit Bildern von Migration und Reisen verbunden ist.
01/10/2024