In-situ Kornwachstum mit Atomsonde und FIB

Zielsetzung: Durch Kornverkleinerung kann die Festigkeit von Materialien z.T. erheblich gesteigert werden. Besonders nanokristalline (nc) Materialien haben extrem hohe Festigkeiten. Allerdings geht mit zunehmender Festigkeit die Duktilität verloren. Eine Möglichkeit, hohe Festigkeit und ausreichende Duktilität zu erreichen, ist die Einstellung eines bimodalen Gefüges. Dies kann erreicht werden, indem ein nanokristallines Material einer geeigneten Wärmebehandlung unterzogen wird und abnormales Kornwachstum zur Mischung aus einer nc Matrix mit ultrafeinen Körnern (ufg) in der Größenordnung 1 µm führt. Dabei spielt Schwefel, der in Form von Saccharin als Kornfeiner bei der Herstellung der nanokristallinen Materialien hinzugegeben wird, eine entscheidende Rolle.

Versuchsführung: Nanokristallines Nickel wird im REM (ZEISS SIGMA) mit Hilfe eines Heiztisches (Kammrath und Weiss) auf Temperaturen von etwa 200°C erwärmt. Dabei kann die Gefügeveränderung durch das abnormale Kornwachstumm einzelner Körner beobachtet und im richtigen Zeitpunkt gestoppt werden. Wird die Wärmebehandlung verlängert, so stellt sich ein monomodales ufg Gefüge mit ca. 1 µm großen Körnern ein. Wird die Temperatur auf etwa 400°C gesteigert, so tritt die zweite Stufe des abnormalen Kornwachstums ein, bei dem sich mehrere 10 µm große, rechteckige Körner bilden. An Korngrenzen können mittels FIB (z.B. FEI HELIOS-NanoLab6) zum einen Spitzen für die Atomsondentomographie (LEAP 3000X HR) zur Ermittlung der Schwefelsegregation an den Korngrenzen entnommen werden und zum anderen eine Korngrenze in der Tiefe angeschnitten werden, um die wachsenden Fläche eindeutig zu identifizieren.

Ergebnis: Mithilfe der Atomsondenmessung konnte Schwefelsegregation auf den Korngrenzen gefunden werden. Die Menge des gemessenen Schwefels ist mit anderen Messmethoden (z.B. EDX im REM) ohne Weiteres nicht möglich. Der Schwefel führt im Zugversuch zu einer Versprödung der Korngrenzen und hebt somit den duktilitätssteigernden Effekt der ufg-Körner teilweise auf. Mithilfe der FIB-Anschnitte der abnormal gewachsenen, mehrere 10 µm großen Körner konnten (100)-Flächen eindeutig als Wachstumsflächen identifiziert werden (Abb. 4).

Weitere Informationen können folgenden Publikationen entnommen werden:

  1. Rathmann D., Marx M., Motz C.: Crack propagation and mechanical properties of electrodeposited nickel with bimodal microstructures in the nanocrystalline and ultrafine grained regime, Journal of materials research, 32, 24 (2017) 4573-4582
  2. Kerger P., Marx M., Motz C., Rathmann D.: How to produce a requested bimodal microstructure for optimized mechanical properties: Investigation of the mechanisms of abnormal grain growth in PED nickel, Int. J. Mater. Res. 106, 11 (2015) 1131-1143